Meeres Stille

Erste Bearbeitung

D 215A

Johann Wolfgang von Goethe 1749 - 1832

Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Boris Cepeda - Klavier

Aufnahme: Mittwoch, 18. Juni 2008 | Berlin

Liedtext

Tiefe Stille herrscht im Wasser,
Ohne Regung ruht das Meer,
Und bekümmert sieht der Schiffer
Glatte Fläche rings umher.
Keine Luft von keiner Seite!
Todesstille fürchterlich!
In der ungeheuren Weite
Reget keine Welle sich.

Johann Wolfgang von Goethe
Ölgemälde 1834 von Johann Josef Schmeller
Wikimedia.org - Public domain

Zum Text

Goethes Gedicht erscheint 1796 unter dem Titel "Meeresstille." gemeinsam mit dem Gedicht "Glückliche Fahrt." in Schillers Musen-Almanach für das Jahr 1796. Der biografische Anlaß für dieses Gedicht liegt in der Italienreise Goethes von 1786 bis 1788. Goethe erlebte Meeresstille und Glückliche Fahrt am eigenen Leib bei seiner Rückkehr aus Sizilien. 1.1

Zur Musik

Komponiert: 20. Juni 1815
Veröffentlichung (angezeigt): 1952
Originaltonart:  C - Dur
Liedform: durchkomponiert
Aufnahmetonart:  C - Dur
Schuberts Wohnort 1815

Das Verhältnis zwischen Schubert und Goethe war ambivalent. Während Schubert den 48 Jahre älteren Meister verehrte, hat Letzterer ihn kaum beachtet. Obwohl Goethe einige seiner vertonten Gedichte durch eine Sendung Joseph von Spauns erhielt, gelang es Schubert nicht, mit seinen Kompositionen bis zu Goethe durchzudringen. Zu fremd waren den Ohren des alten Meisters der Klassik die neuen Klänge. 2.1
1830, zwei Jahre nach Schuberts Tod, soll Goethe den Erlkönig, gesungen von Wilhelmine Schröder-Devrient gehört haben. Ob ihm tatsächlich die Komposition, oder das junge Mädchen gefallen hat, bleibt dahingestellt. 2.2

Schubert vertonte 62 Texte von Goethe, manche sogar mehrmals. Am Ende liegen uns heute fast 80 Kompositionen vor. Viele davon sind Lieder. Einige für mehrere Stimmen und Instrumente.

Schubert schreibt dazu eine Musik, die ebenfalls gänzlich zu stehen scheint. Trotzdem beginnt die erste Version harmonisch unruhiger und vielleicht ist schon der zweite Akkord ein Hinweis darauf, dass Schubert auch um die Enstehungsgeschichte des Gedichtes wusste. Während nämlich in den ersten 4 Takten der zweiten Bearbeitung lediglich ein Wechsel von Tonika zur Dominante und zurück zur Tonika erfolgt, moduliert er in der hier vorliegenden ersten Bearbeitung von der Tonika C über die Mollparallele mit hinzugefügter Sechste (die hier fast ein wenig wie ein neapolitanischer Sextakkord klingt [sic]) oder besser über s6 der zu erreichenden Tonart E und D7 (von E) zu E-Dur. Auch gibt es in der ersten Bearbeitung, anders als in der 2. Bearbeitung, eine harmonische Steigerung und rhythmische Unruhe in den Verszeilen "Und bekümmert sieht der Schiffer / Glatte Fläche rings umher."
Schubert schreibt "Alla breve" vor, die Tempobezeichnung ist jedoch "sehr langsam, ängstlich (sehr leise)". Das vorgeschriebene pp unterstreicht die Wirkung der fürchterlichen "Todesstille".

Er war 18 Jahre alt, als er dieses Lied schrieb.

Die zweite Bearbeitung des Textes schickte Schubert zusammen mit 15 weiteren Liedern als Erstes Liederheft für Goethe an den Dichter. Es enthielt folgende Kompositionen:

Jägers Abendlied D 368
Der König in Thule D 367
Meeres Stille D 216
Schäfers Klagelied D 121, erste Fassung
Die Spinnerin D 247
Heidenröslein D 257
Wonne der Wehmut D 260
Wandrers Nachtlied D 224
Erster Verlust D 226
Der Fischer D 225, zweite Fassung
An Mignon D 161, erste Fassung
Geistes Gruß D 142, zweite Fassung
Nähe des Geliebten D 162, zweite Fassung
Gretchen am Spinnrade D 118
Rastlose Liebe D 138, erste Fassung
Erlkönig D 328, zweite Fassung

Zweites Liederheft für Goethe -> Link zu Nachtgesang D 119

Quellenlage

Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch

Ort des Manuskripts: Wienbibliothek im Rathaus der Stadt Wien

Die Veröffentlichung besorgte 1952 Otto Erich Deutsch in Schweizerische Musikzeitung XCII, 1952, S. 446-448

Eine Abschrift des Manuskripts befindet sich in der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin. Die letzten 5 Takte befinden sich laut O.E.Deutsch auf der Abschrift von Cronnan D 282.

Noten

Neue Schubert-Ausgabe  IV, Bd. 01

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