Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Boris Cepeda - Klavier
Aufnahme: Mittwoch, 16. Juli 2008 | Berlin
Liedtext
Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,
Ein Fischer saß daran,
Sah nach dem Angel ruhevoll,
Kühl bis ans Herz hinan.
Und wie er sitzt und wie er lauscht,
Teilt sich die Flut empor:
Aus dem bewegten Wasser rauscht
Ein feuchtes Weib hervor.
Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm:
"Was lockst du meine Brut
Mit Menschenwitz und Menschenlist
Hinauf in Todesglut?
Ach wüßtest du, wie's Fischlein ist
So wohlig auf dem Grund,
Du stiegst herunter, wie du bist,
Und würdest erst gesund.
Labt sich die liebe Sonne nicht,
Der Mond sich nicht im Meer?
Kehrt wellenatmend ihr Gesicht
Nicht doppelt schöner her?
Lockt dich der tiefe Himmel nicht,
Das feuchtverklärte Blau?
Lockt dich dein eigen Angesicht
Nicht her in ew'gen Tau?"
Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,
Netzt' ihm den nackten Fuß;
Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll
Wie bei der Liebsten Gruß.
Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm;
Da war's um ihn geschehn;
Halb zog sie ihn, halb sank er hin
Und ward nicht mehr gesehn.
Zum Text
Das Gedicht ist laut "Neues Verzeichniß einer Goethe-Bibliothek" von Salomon Hirzel1.1bereits 1779 unter dem Titel Das Lied vom Fischer in der Weygandschen Buchhandlung Leipzig erschienen.
Man kann diese Veröffentlichung online studieren.
Es ist das erste Gedicht im Buch mit dem Titel "Volkslieder nebst untermischten andern Stücken". Es findet sich auf Seite 3ff. 1.2
Insofern scheint eine Entstehungszeit um 1778/79 wahrscheinlich.
Bei Wikipedia findet sich eine eigene Seite zum Gedicht mit Erläuterungen.
Zur Musik
Das Verhältnis zwischen Schubert und Goethe war ambivalent. Während Schubert den 47 Jahre älteren Meister verehrte, hat Letzterer ihn kaum beachtet. Obwohl Goethe einige von Schuberts vertonten Gedichte durch eine Sendung Joseph von Spauns erhielt, gelang es dem Jüngeren nicht, mit seinen Kompositionen bis zu Goethe durchzudringen. Zu fremd waren den Ohren des alten Meisters der Klassik die neuen Klänge. 2.1
1830, zwei Jahre nach Schuberts Tod, soll Goethe den Erlkönig, gesungen von Wilhelmine Schröder-Devrient gehört haben. Ob ihm tatsächlich die Komposition, oder das junge Mädchen gefallen hat, bleibt dahingestellt. 2.2
Schubert vertonte 62 Texte von Goethe, manche sogar mehrmals. Am Ende liegen uns heute fast 80 Kompositionen vor. Viele davon sind Lieder. Einige für mehrere Stimmen und Instrumente.
Schubert war 18 Jahre alt, als er dieses Lied schrieb.
Schuberts erstes Liederheft für Goethe enthielt folgende Kompositionen:
Jägers Abendlied D 368
Der König in Thule D 367
Meeres Stille D 216
Schäfers Klagelied D 121, erste Fassung
Die Spinnerin D 247
Heidenröslein D 257
Wonne der Wehmut D 260
Wandrers Nachtlied D 224
Erster Verlust D 226
Der Fischer D 225, zweite Fassung
An Mignon D 161, erste Fassung
Geistes Gruß D 142, zweite Fassung
Nähe des Geliebten D 162, zweite Fassung
Gretchen am Spinnrade D 118
Rastlose Liebe D 138, erste Fassung
Erlkönig D 328, zweite Fassung
Zweites Liederheft für Goethe siehe -> Link zu Nachtgesang D 119
Quellenlage
Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch
Ort des Manuskripts: Staatsbibliothek zu Berlin, preussischer Kulturbesitz
Die Veröffentlichung besorgte 1821 Cappi und Diabelli in Wien als Opus 5 - 3 | Verlagsnummer 789
Ein Manuskript findet sich in der British Library London. Ein Digitalisat ist ebenfalls verfügbar. Das Lied steht auf Seite 42 rechts.
Noten
Originalversion des Liedes
Quellen
1.1Hirzel, Salomon: Neues Verzeichniß einer Goethe-Bibliothek, Breitkopf u. Härtel, 1862, 148 Seiten, S. 17
1.2Österreichische Nationalbibliothek - Digitalisierte Sammlungen, Herder, Johann-Gottfried von, Volkslieder Bd. 2, Verlag Weygand, Leipzig 1779, S. 3ff., Signatur: 7.M.6.(Vol.2)
2.1Gülke, Peter: Goethes »Versäumnisse«, in: Blog Klassik Stiftung Weimar, 08. September 2015
2.2Windmeißer, Renate: Neue Chance für Schubert, in: BR Klassik, Was heute geschah, 24. April 2018
5.1Noten-Quelle auf imslp.org o.ä.: Der Fischer
6.1Textquelle und alternative Kompositionen: www.lieder.net
Geschrieben von: Peter Schöne