Die Spinnerin

D 247 Opus 118 - 6

Johann Wolfgang von Goethe 1749 - 1832

Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Holger Berndsen - Klavier

Aufnahme: Samstag, 05. September 2015 | München

Liedtext

Als ich still und ruhig spann,
Ohne nur zu stocken,
Trat ein schöner junger Mann
Nahe mir zum Rocken.

Lobte, was zu loben war,
Sollte das was schaden?
Mein dem Flachse gleiches Haar,
Und den gleichen Faden.

Ruhig war er nicht dabei
Ließ es nicht beim Alten;
Und der Faden riß entzwey,
Den ich lang' erhalten.

Und des Flachses Stein-Gewicht
Gab noch viele Zahlen;
Aber, ach ich konnte nicht
Mehr mit ihnen prahlen.

Als ich sie zum Weber trug
Fühlt' ich was sich regen,
Und mein armes Herze schlug
Mit geschwindern Schlägen.

Nun, beim heißen Sonnenstich,
Bring' ich's auf die Bleiche,
Und mit Mühe bück' ich mich
Nach dem nächsten Teiche.

Was ich in dem Kämmerlein
Still und fein gesponnen,
Kommt - wie kann es anders seyn? -
Endlich an die Sonnen.

Johann Wolfgang von Goethe
Ölgemälde 1834 von Johann Josef Schmeller
Wikimedia.org - Public domain

Zum Text

Das Gedicht Die Spinnerin schrieb Goethe etwa 1795. Es wurde 1800 in Göthe's neue Schriften beim Verlag Unger, Berlin veröffentlicht. Dort findet es sich auf Seite 63-64. Ein Digitalisat dieser Veröffentlichung findet sich in der Bayerischen Staatsbibliothek im Münchener Digitalisierungszentrum. Es kann online recherchiert werden. 1.1

Zur Musik

Komponiert: August 1815
Veröffentlichung (angezeigt): 19. Juni 1829
Originaltonart:  h - moll
Liedform: Strophenlied
Aufnahmetonart:  fis - moll
Schuberts Wohnort 1815

Das Verhältnis zwischen Schubert und Goethe war ambivalent. Während Schubert den 47 Jahre älteren Meister verehrte, hat Letzterer ihn kaum beachtet. Obwohl Goethe einige von Schuberts vertonten Gedichte durch eine Sendung Joseph von Spauns erhielt, gelang es dem Jüngeren nicht, mit seinen Kompositionen bis zu Goethe durchzudringen. Zu fremd waren den Ohren des alten Meisters der Klassik die neuen Klänge. 2.1
1830, zwei Jahre nach Schuberts Tod, soll Goethe den Erlkönig, gesungen von Wilhelmine Schröder-Devrient gehört haben. Ob ihm tatsächlich die Komposition, oder das junge Mädchen gefallen hat, bleibt dahingestellt. 2.2

Schubert vertonte 62 Texte von Goethe, manche sogar mehrmals. Am Ende liegen uns heute fast 80 Kompositionen vor. Viele davon sind Lieder. Einige für mehrere Stimmen und Instrumente.

Schubert war 18 Jahre alt, als er dieses Lied schrieb.

Sein erstes Liederheft für Goethe enthielt Die Spinnerin, daneben folgende Kompositionen:

Jägers Abendlied D 368
Der König in Thule D 367
Meeres Stille D 216
Schäfers Klagelied D 121, erste Fassung
Die Spinnerin D 247
Heidenröslein D 257
Wonne der Wehmut D 260
Wandrers Nachtlied D 224
Erster Verlust D 226
Der Fischer D 225, zweite Fassung
An Mignon D 161, erste Fassung
Geistes Gruß D 142, zweite Fassung
Nähe des Geliebten D 162, zweite Fassung
Gretchen am Spinnrade D 118
Rastlose Liebe D 138, erste Fassung
Erlkönig D 328, zweite Fassung

Zweites Liederheft für Goethe siehe -> Link zu Nachtgesang D 119

Quellenlage

Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch

Ort des Manuskripts: Staatsbibliothek zu Berlin, preussischer Kulturbesitz

Die Veröffentlichung besorgte 1829 Josef Czerny in Wien als Opus 118 - 6 | Verlagsnummer 341

Die Erstveröffentlichung besorgte 1829 posthum Joseph Czerny als op. 118 (Verlagsnummer 341)

Zur Veröffentlichung

Deckblatt Opus 118 4.1
Deckblatt Wiener Zeitung 19. Juni 1829 4.2

Noten

Alte Gesamtausgabe, Serie  XX, Bd. 03 № 119
Neue Schubert-Ausgabe  IV, Bd. 08
Friedlaender Edition  Bd. 4 » 151
Bärenreiter Urtext Edition

Originalversion des Liedes PDF Thumbnail Erstdruck PDF Thumbnail
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