Der Abend

D 221 Opus 118 - 2

Ludwig Gotthard Kosegarten 1758 - 1818

Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Holger Berndsen - Klavier

Aufnahme: Samstag, 08. April 2023 | Nürnberg

Liedtext

Der Abend blüht,
Temora glüht
Im Glanz der tiefgesunknen Sonne.
Es küßt die See
Die Sinkende,
Von Ehrfurcht schaudernd und von Wonne.

Ein grauer Duft
Durchwebt die Luft,
Umschleyert Daura's güldne Auen.
Es rauscht umher
Das düstre Meer,
Und rings herrscht ahnungsreiches Grauen.

O trautes Land!
O heil'ger Strand!
O Flur, die jede Flur verdunkelt.
Flur, deren Schoß 
Die Blum' entsproß,
Die alle Blumen überfunkelt.

Paart nicht den Schnee
Der Lilie 
Die Holde mit der Gluth der Rosen.
Die Au', Ein Kranz 
Voll Duft und Glanz,
Reicht ihr den Preis, der Tadellosen.

Ihr Ambraduft
Durchweht die Luft
Und würzet rings die Näh' und Ferne.
Und stirbt das Licht
Des Liedes nicht,
So reicht ihr Nam' einst an die Sterne.

O trautes Land,
O hehrer Strand,
Sey stolz auf deiner Blumen Blume.
Das heil'ge Meer 
Und rings umher
Die Inseln huld'gen deinem Ruhme – –

Nacht hüllt den Strand,
Temora schwand.
Verlodert sind des Spatroths Gluthen.
Das Weltmeer grollt,
Und gluthrot rollt
Der Vollmond aus den düstern Fluthen.

Ludwig Gotthard Kosegarten
Stich von Johann Heinrich Lips
Österreichische Nationalbibliothek - Public domain

Zum Text

Daura und Temora entstammen beide dem Ossian, einer Gedichtsammlung, die der Dichter James Macpherson verfasste. Macpherson behauptete zeitlebens, diese Gedichte lediglich aus alten keltischen Sagen übersetzt zu haben.

Der Ossian begeisterte ungeachtet aller Vorwüfe der Hochstapelei gegen den Autor eine ganze Dichtergeneration und die Leserschar nicht minder. 1.1

Temora -> Temora an epic poem

Das Gedicht Der Abend von Ludwig Gotthard Kosegarten wurde veröffentlicht im Jahr 1803 in Ludwig Theoboul Kosegarten's Poesieen. Dritter Band. Berlin.. Es findet sich auf Seite 41.

Digitalisat online

Zur Musik

Komponiert: 2. Juli 1815
Veröffentlichung (angezeigt): 19. Juni 1885
Originaltonart:  H - Dur
Liedform: Strophenlied
Aufnahmetonart:  A - Dur
Schuberts Wohnort 1815

Morten Solvik beschreibt in den Jahren 1997 und 1999 in einem online erschienenen Artikel die Möglichkeit, dass Schubert mit den 20 Liedern, die 1815 auf Gedichte von Kosegarten entstanden, einen ersten Liederzyklus schreiben wollte. Ähnlich wie acht Jahre später Die schöne Müllerin2.1

Zu diesem Zyklus gehören laut Morten Solvik die folgenden Lieder:

Huldigung D 240
Alles um Liebe D 241
3 Von Ida D 228
Die Erscheinung D 229 
Das Finden D 219 
6 Idens Nachtgesang D 227 
7 Die Sterne D 313 
Nachtgesang D 314 
Die Täuschung D 230 
10 Das Sehnen D 231 
11 Die Mondnacht D 238 
12 Abends unter der Linde D 237 
13 Das Abendrot D 236
14 Geist der Liebe D 233 
15 Der Abend D 221 
16 Idens Schwanenlied D 317 
17 Schwangesang D 318 
18 Luisens Antwort D 319 
19 An Rosa I D 315 
20 An Rosa II D 316

Schubert vertonte insgesamt 22 Texte von Kosegarten. Zählt man alle Fassungen dazu, liegen uns heute 24 Vertonungen vor. 14 Lieder entstanden zwischen 25. Juni und 27. Juli 1815. 7 Lieder an nur einem Tag: den 19. Oktober 1815. Nur An die untergehende Sonne wurde erst 1817 geschrieben.

Quellenlage

Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch

Ort des Manuskripts: Österreichische Nationalbibliothek

Die Veröffentlichung besorgte 1885 Josef Czerny in Wien als Opus 118 - 2 | Verlagsnummer 341

Posthum veröffentlicht.

Zur Veröffentlichung

Deckblatt Opus 118 4.1
Deckblatt Wiener Zeitung 19. Juni 1885 4.2

Noten

Alte Gesamtausgabe, Serie  XX, Bd. 02 № 95
Neue Schubert-Ausgabe  IV, Bd. 08

Originalversion des Liedes PDF Thumbnail Erstdruck PDF Thumbnail
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