Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Olga Monakh - Klavier
Aufnahme: Montag, 11. November 2013 | Berlin
Liedtext
Ich wandre über Berg und Thal
Und über grüne Haiden,
Und mit mir wandert meine Qual,
Will nimmer von mir scheiden;
Und schifft' ich auch durch's weite Meer,
Sie käm' auch dort wohl hinterher.
Wohl blühn viel Blumen auf der Flur,
Die hab' ich nicht gesehen,
Denn Eine Blume seh' ich nur
Auf allen Wegen stehen.
Nach ihr hab' ich mich oft gebückt
Und doch sie nimmer abgepflückt.
Die Bienen [sumsen{Schubert: "summen"}] durch das Gras
Und hängen an den Blüthen;
Das macht mein Auge trüb' und naß,
Ich kann mir's nicht verbieten.
Ihr süßen Lippen, roth und weich,
Wohl hing ich nimmer so an euch!
Gar lieblich singen nah' und fern
Die Vögel auf den Zweigen;
Wohl säng' ich mit den Vögeln gern,
Doch muß ich traurig schweigen,
Denn Liebeslust und Liebespein
Die bleiben jedes gern allein.
Am Himmel seh' ich flügelschnell
Die Wolken weiter ziehen,
Die Welle rieselt leicht und hell,
Muß immer nahn und fliehen;
Doch haschen, wenn's vom Winde ruht,
Sich Wolk' und Wolke, Fluth und Fluth.
Ich wandre hin, ich wandre her
Bey Sturm und heitern Tagen,
Und doch erschau' ich's nimmermehr
Und kann es nicht erjagen.
O Liebessehnen, Liebesqual,
Wann ruht der Wanderer einmal?
Zum Text
Die von Schubert vertonten Gedichte stammen aus Schulzes Poetischem Tagebuch, das er vom 29. Juni 1813 bis zum 17. Februar 1817 führte.
Das vorliegende Gedicht wurde 1819 unter dem Titel Im Walde hinter Falkenhagen, den 22sten Jul. 1814 in Ernst Schulze's sämmtliche poetische Schriften Band 3 bei Brockhaus Leipzig veröffentlicht. S. 69f.
Die von Schubert verwendete Ausgabe dürfte die Neue Ausgabe dieser Bände Sämmtliche poetische Werke von Ernst Schulze aus dem Jahr 1822 sein. Dort findet sich das Gedicht auf S. 70f.
Schulze veröffentlichte 1818 sein Versepos Die bezauberte Rose, welches ihn schnell in den Kreisen der Romantiker bekannt machte. Auch Schubert und seine Freunde lasen es und Schubert, der mit dem Gedanken spielte, aus der bezauberten Rose eine Oper zu machen, bat Bauernfeld um ein Libretto.1.1
Franz von Schober ließ sich möglicherweise von der 41. Stanze dieses Werkes zu seinem Gedicht An die Musik inspirieren. Die Verse von Schulze lauten:
Du holde Kunst melodisch süßer Klagen,
Du tönend Lied aus sprachlos finsterm Leid,
Du spielend Kind, das oft aus schönern Tagen
In unsre Nacht so duft'ge Blumen streut,
Ach, ohne dich vermöcht' ich nie zu tragen,
Was feindlich längst mein böser Stern mir beut!
Wenn Wort und Sinn in Liebe freundlich klingen,
Dann flattert leicht der schwere Gram auf Schwingen.
Ein Manuskript des Textes liegt in der Wienbibliothek im Rathaus.
Zur Musik
Schubert vertonte neun Gedichte von Ernst Schulze. Ein weiteres blieb lediglich Fragment.
Die Titel für seine Lieder wählte Schubert selbst.
(Die Originaltitel der Gedichte stehen in Klammern)
Der liebliche Stern D 861 (Am 28sten April 1814)
Im Walde D 834 (Im Walde hinter Falkenhagen. Den 22sten Julius 1814)
Auf der Bruck D 853 (Auf der Bruck. Den 25sten Julius 1814)
Um Mitternacht D 862 (Am 5ten März 1815, Nachts um 12 Uhr)
Im Frühling D 882 (Am 31sten März 1815)
Lebensmut D 883 (Am 1ten Aprill 1815)
An mein Herz D 860 (Am 23sten Januar 1816)
Über Wildemann D 884 (Ueber Wildemann, einem Bergstädtchen am Harz. Den 28sten April 1816)
Tiefes Leid, auch Im Januar 1817 D 876 (Am 17ten Januar 1817)
Quellenlage
Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch
Die Veröffentlichung besorgte 1828 J. A. Kienreich in Graz als Opus 93 - 1
Noten
Originalversion des Liedes
Quellen
1.1 Karl Kobald: Schubert und Schwind - Ein Wiener Biedermeierbuch, S. 207
4.1 Erstdruck op. 93, Graz: I. A. Kienreich, 1828
5.1Noten-Quelle auf imslp.org o.ä.: Im Walde
6.1Textquelle und alternative Kompositionen: www.lieder.net
Geschrieben von: Peter Schöne