Über Wildemann

D 884 Opus 108 - 1

Ernst Schulze 1789 - 1817

Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Olga Monakh - Klavier

Aufnahme: Mittwoch, 17. April 2013 | Berlin

Liedtext

Die Winde sausen
Am Tannenhang,
Die Quellen brausen
Das Thal entlang;
Ich [wandr'{Schubert: "wand're"}] in Eile
Durch Wald und Schnee,
Wohl manche Meile
Von Höh zu Höh.
 
Und will das Leben
Im freien Thal
Sich auch schon heben
Zum Sonnenstrahl;
Ich muß vorüber
Mit wildem Sinn
Und blicke lieber
Zum Winter hin.
 
Auf grünen Haiden,
Auf bunten Au'n,
Müßt' ich mein Leiden
Nur immer schaun,
Daß selbst am Steine
Das Leben sprießt,
Und ach! nur Eine
Ihr Herz verschließt.
 
O Liebe, Liebe,
O Mayenhauch!
Du drängst die Triebe
Aus Baum und Strauch;
Die Vögel singen
Auf grünen Höhn;
Die Quellen springen
Bei deinem Wehn!
 
Mich läßt du schweifen
Im [dunklen{Schulze (1819 Edition), Schubert (Erstdruck 1829): "dunkeln"}] Wahn
Durch Windespfeifen
Auf rauher Bahn.
O Frühlingsschimmer,
O Blüthenschein,
Soll ich denn nimmer
Mich dein erfreun?

Ernst Schulze
Stahlstich von Ernst Ludwig Riepenhausen
Österreichische Nationalbibliothek - Public domain

Zum Text

Die von Schubert vertonten Gedichte von Ernst Schulze stammen aus dem Poetischem Tagebuch, des Dichters, das er vom 29. Juni 1813 bis zum 17. Februar 1817 führte.

Das vorliegende Gedicht wurde 1819 unter dem Titel Über Wildemann, einem Bergstädtchen am Harz, den 28sten April 1816 in Ernst Schulze's sämmtliche poetische Schriften Band 3 bei Brockhaus Leipzig veröffentlicht. S. 172f.

Digitalisat online

Die von Schubert verwendete Ausgabe dürfte die Neue Ausgabedieser Bände Sämmtliche poetische Werke von Ernst Schulze aus dem Jahr 1822 sein. Dort findet sich das Gedicht auf S. 176f.

Digitalisat online

Schulze veröffentlichte 1818 sein Versepos Die bezauberte Rose, welches ihn schnell in den Kreisen der Romantiker bekannt machte. Auch Schubert und seine Freunde lasen es und Schubert, der mit dem Gedanken spielte, aus der bezauberten Rose eine Oper zu machen, bat Bauernfeld um ein Libretto.1.1
Franz von Schober ließ sich möglicherweise von der 41. Stanze dieses Werkes zu seinem Gedicht An die Musik inspirieren. Die Verse von Schulze lauten:

Du holde Kunst melodisch süßer Klagen,
Du tönend Lied aus sprachlos finsterm Leid,
Du spielend Kind, das oft aus schönern Tagen
In unsre Nacht so duft'ge Blumen streut,
Ach, ohne dich vermöcht' ich nie zu tragen,
Was feindlich längst mein böser Stern mir beut!
Wenn Wort und Sinn in Liebe freundlich klingen,
Dann flattert leicht der schwere Gram auf Schwingen.

Ein Manuskript des Textes liegt in der Wienbibliothek im Rathaus.

Zur Musik

Komponiert: 1826
Veröffentlichung (angezeigt): 1829
Originaltonart:  c - moll
Liedform: durchkomponiert
Aufnahmetonart:  c - moll

Schubert vertonte neun Gedichte von Ernst Schulze. Ein weiteres blieb lediglich Fragment.

Die Titel für seine Lieder wählte Schubert selbst.
(Die Originaltitel der Gedichte stehen in Klammern)

Der liebliche Stern D 861 (Am 28sten April 1814)
Im Walde D 834 (Im Walde hinter Falkenhagen. Den 22sten Julius 1814)
Auf der Bruck D 853 (Auf der Bruck. Den 25sten Julius 1814)
Um Mitternacht D 862 (Am 5ten März 1815, Nachts um 12 Uhr)
Im Frühling D 882 (Am 31sten März 1815)
Lebensmut D 883 (Am 1ten Aprill 1815)
An mein Herz D 860 (Am 23sten Januar 1816)
Über Wildemann D 884 (Ueber Wildemann, einem Bergstädtchen am Harz. Den 28sten April 1816)
Tiefes Leid, auch Im Januar 1817 D 876 (Am 17ten Januar 1817)

Quellenlage

Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch

Die Veröffentlichung besorgte 1829 M.J.Leidesdorf in Wien als Opus 108 - 1 | Verlagsnummer 1102

Faksimile der S. 1 in: Revue BeIge de Musicologie XXVIII-XXX, 1974-76, S. 263. 
Nach Anmeldung kostenfrei online studierbar.

Die Erstveröffentlichung besorgte M. J. Leidesdorf, VN 1102, Wien als op. 108

Zur Veröffentlichung

Deckblatt Opus 108 4.1
Deckblatt Wiener Zeitung 1829 4.2

Noten

Alte Gesamtausgabe, Serie  XX, Bd. 08 № 500
Neue Schubert-Ausgabe  IV, Bd. 05
Friedlaender Edition  Bd. 3 » 80
Bärenreiter Urtext Edition  Bd. 4 » 33

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