Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Holger Berndsen - Klavier
Aufnahme: Samstag, 04. August 2018 | Nürnberg
Liedtext
Da sitz' ich ohne Bogen,
Und starre in den Sand.
Was that ich dir, Ulysses?
Daß du sie mir entwandt
Die Waffe, die [dem Feinde{Schubert: den Trojern}]
Des Todes Bothe war;
Die auf der wüsten Insel
Mir Unterhalt gebar.
Es rauschen Vögelschwärme
Mir [übers greise{Schubert: über'm greisen}] Haupt;
Ich greife nach dem Bogen –
Umsonst – er ist geraubt.
Aus dichtem Busche raschelt
Der braune Hirsch hervor:
Ich strecke leere Arme
Zur Nemesis empor.
Du schlauer König scheue
Der Göttin Rächerblick!
Erbarme dich – und stelle
Den Bogen mir zurück.
Zum Text
Johann Mayrhofer veröffentlichte seine Gedichte 1824 bei der eher kleinen Verlagsbuchhandlung Friedrich Volke in Wien. Diese Veröffentlichung ist als Digitalisat in der Österreichischen Nationalbibliothek online studierbar. Das Gedicht trägt den Titel Philoktet und findet sich auf Seite 152f.1.1
Auf der Seite lieder.net ist nachzulesen, dass Schubert die Gedichte Mayrhofer's üblicherweise als Handschrift erhielt. Dadurch erklären sich auch die vielen Änderungen zur Druckversion des Textes.
Über die mythologische Geschichte des Philoktetes kann man sich auf Wikipedia.org informieren. Dem Bogenschützen und seinem Bogen kam bei der Eroberung Trojas eine entscheidene Rolle zu. 1.2
Zur Musik
Mayrhofer war ein enger Freund Franz Schuberts und wohnte drei Jahre von 1819-1821 gemeinsam mit ihm in einer Wohngemeinschaft. Er schreibt am 23. Februar 1829 im Neuen Archiv für Geschichte, Staatenkunde, Literatur und Kunst in seinen Erinnerungen an Franz Schubert:
"Mein Verhältniß mit Franz Schubert wurde dadurch eingeleitet, daß ihm ein Jugendfreund das Gedicht „am See" – es ist das vierte in dem bei Volke 1824 erschienenen Bändchen – zur Komposition übergab. An des Freundes Hand betrat 1814 Schubert das Zimmer, welches wir 5 Jahre später gemeinsam bewohnen sollten. Es befindet sich in der Wipplingerstraße (heute Nr.2).
(...)
Dieses Grundgefühl, und die Liebe für Dichtung und Tonkunſt machten unser Verhältniß inniger; ich dichtete,er komponierte, was ich gedichtet, und wovon Vieles seinen Melodien Entstehung, Fortbildung und Verbreitung verdankt." 2.1
Dieser engen Beziehung verdanken wir 47 Gedichtvertonungen durch Schubert.
Franz Schubert war 20 Jahre alt, als er dieses Lied schrieb.
Quellenlage
Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch
Ort des Manuskripts: Wienbibliothek im Rathaus der Stadt Wien
Die Veröffentlichung besorgte 1831 A. Diabelli & Co. in Wien als Nachlass - 11 | Verlagsnummer 3708
Ein unvollständiges Manuskript T.23 bis Schluß findet sich in der Wienbibliothek im Rathaus. Es kann online studiert werden. Daran anschließend steht das Lied Philoktet D 540, T. 1-37, datiert mit März 1817.
Die Erstveröffentlichung besorgte A. Diabelli & Co als elfte Nachlass-Lieferung
Noten
Originalversion des Liedes
Quellen
1.1 Österreichische Nationalbibliothek - Digitalisierte Sammlungen, Gedichte von Johann Mayrhofer, Wien, Verlag Friedrich Volke, 1824, Sig. 71.Bb.5.(Vol.1)
1.2 Seite „Philoktetes“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 7. Juli 2022, 09:56 UTC
2.1 Österreichische Nationalbibliothek, Digitalisierte Sammlungen, Neues Archiv für Geschichte, Staatenkunde, Literatur und Kunst, Sig. 392789-C.20.21
5.1Noten-Quelle auf imslp.org o.ä.: Philoktet
6.1Textquelle und alternative Kompositionen: www.lieder.net
Geschrieben von: Peter Schöne