Gesang (Was ist Silvia, saget an)

D 891 Opus 106 - 4

William Shakespeare (1564-1616) Eduard von Bauernfeld 1802 - 1890

Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Boris Cepeda - Klavier

Aufnahme: Donnerstag, 17. Juli 2008 | Berlin

Liedtext

Was ist Silvia, saget an,
Daß sie die weite Flur preist?
Schön und zart seh' ich sie nah'n,
Auf Himmels Gunst und Spur weist,
Daß ihr Alles unterthan.

Ist sie schön und gut dazu?
Reiz labt wie milde Kindheit;
Ihrem Aug' eilt Amor zu,
Dort heilt er seine Blindheit
Und verweilt in süßer Ruh.

Darum Silvia tön', o Sang,
Der holden Silvia Ehren;
Jeden Reiz besiegt sie lang,
Den Erde kann gewähren:
Kränze ihr und Saitenklang!

Eduard von Bauernfeld
Aquarell von Franz Joseph Dobiaschofsky (1818-1867)
Wikimedia.org - Public domain

Zum Text

Das Gedicht ist von William Shakespeare (1564-1616) aus dem Theaterstück Zwei Herren aus Verona, Akt IV, Szene 2, das vermutlich 1590/91 entstand. Die deutsche Übersetzung stammt von Eduard von Bauernfeld (1802-1890). 1826 erschien beim Verlag  Johann Paul Sollinger in Wien der Band William Shakespeare's Sämmtliche dramatische Werke und Gedichte Übersetzt im Metrum des Originals unter denen sich ab Seite 19 auch die Übersetzung Die beyden Edelleute von Verona des 24jährigen Bauernfeld findet (Im vierten Akt, II. Szene aus (Seite 32) steht das hier vertonte Gedicht). Bauernfeld war mit Schubert befreundet.

Zur Musik

Komponiert: Juli 1826
Veröffentlichung (angezeigt): 1828
Originaltonart:  A - Dur
Liedform: Strophenlied
Aufnahmetonart:  G - Dur
Schuberts Wohnort 1826

In einem im Juli 1901 erschienenen Artikel in der Zeitschrift The Etude beschreibt Robert Bruce Pegram anekdotenhaft die Umstände der Entstehung dieses Liedes:

Eines Tages war Schubert in Wien mit Freunden unterwegs. Sie kamen an einen Biergarten und gingen hinein. Auf dem Tisch, an dem sie saßen, war ein Band von Shakespeare. Schubert hob ihn auf und warf einen Blick hinein. Nach kurzer Zeit brach es plötzlich aus ihm heraus: "Oh! Ich habe so eine schöne Melodie in meinem Kopf. Wenn ich nur Papier hätte!" Einer seiner Freunde machte schnell einige Notenzeilen auf der Rückseite einer Speisekarte, und Schubert schrieb sofort diesen Ausbruch von lyrischem Enthusiasmus nieder, was in der Tat wie einige von Shelleys exquisiten Gedichten ist: "Horch! Horch! die Lerche!" "An Sylvia", deren Worte eine Serenade in "Zwei Herren von Verona" bilden, entstand etwas später am Tag. Beide, wie Athena aus dem Kopf des Zeus, wurden voll ausgestattet, perfekt geboren. Dies ist ein Beispiel für Schuberts erstaunliche Spontaneität in der Komposition und für seinen wunderbaren Ideenreichtum. 1.1

Diese Anekdote wird von den Fachleuten immer wieder angezweifelt, da keine Quelle dafür zu finden ist.

Schubert und Bauernfeld waren eng befreundet. Bauernfeld wurde erstmals im August 1820 auf Schubert aufmerksam, als er eine Aufführung der Zauberharfe besuchte. Bereits am 22. April 1821 bemerkt in seinem Tagebuch:1.2

Kärnthnerthor-Theater: Goethe's »Laune des Verliebten« machte kein Glück. Das Beste ein Quartett von Schubert. Ein herrlicher Mensch! Den muß ich kennen lernen.

Der unzertrennliche Freundschafts-Dreibund Moritz v. Schwind wurde 1825 gebildet. Bauernfeld berichtet darüber:

Februar 1825. Schwind besuchte mich eines Abends mit Franz Schubert, den ich bisher nur von Weitem kannte. Ich las den Freunden aufi hr Verlangen das Drama »Madera« vor, spielte vierhändig mit Schubert, dann ins Gast- und Kaffeehaus.

Anlässlich von Schuberts Tod schrieb er am 20. November 1828 in sein Tagebuch:

Gestern Nachmittags ist Schubert gestorben. Montags sprach ich ihn noch, Dienstag phantasirte er, Mittwoch war er todt. Er sprach mir noch von der Oper. Es ist mir wie ein Traum. Die ehrlichste Seele, der treueste Freund! Ich wollt', ich läge statt seiner. Er geht doch mit Ruhm von der Erde!

Quellenlage

Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch

Ort des Manuskripts: Wienbibliothek im Rathaus der Stadt Wien

Die Veröffentlichung besorgte 1828 Lithographisches Institut unter der Leitung von Franz von Schober in Wien als Opus 106 - 4

Im Erstdruck heißt das Lied An Sylvia. Es wird aber auch An Silvia, Gesang (Was ist Silvia, saget an) oder Gesang An Silvia genannt.

In späteren Auflagen wurde die Opuszahl 106 hinzugefügt.

Zur Veröffentlichung

Deckblatt Opus 106 4.1

Noten

Alte Gesamtausgabe, Serie  XX, Bd. 08 № 505
Neue Schubert-Ausgabe  IV, Bd. 05
Friedlaender Edition  Bd. 2 » 202
Bärenreiter Urtext Edition  Bd. 4 » 31

Originalversion des Liedes PDF Thumbnail Erstdruck PDF Thumbnail
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