Das Weinen

D 926 Opus 106 - 2

Karl Gottfried von Leitner 1800 - 1890

Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Boris Cepeda - Klavier

Aufnahme: Donnerstag, 17. Juli 2008 | Berlin

Liedtext

Gar tröstlich kommt geronnen
Der Thränen heil'ger Quell,
Recht wie ein Heilungs-Bronnen,
So bitter, heiß und hell.
Darum du Brust voll Wunden,
Voll Gram und stiller Pein,
Und willst du bald gesunden,
So tauche da hinein.

Es wohnt in diesen Wellen
Geheime Wunderkraft,
Die ist für wehe Stellen
Ein linder Balsamsaft.
Die wächst mit deinen Schmerzen,
Und fasset, hebt und rollt
Den bösen Stein vom Herzen,
Der dich zerdrücken wollt'.

Das hab' ich selbst empfunden
Hier in dem Trauerland,
Wenn ich, vom Flor umwunden,
An lieben Gräbern stand.
Da schalt in irrem Wähnen
Ich selbst auf meinen Gott,
Es hielten nur die Thränen
Der Hoffnung Schiffchen flott.

Drum, hält dich auch umfangen
Der Schwermuth trübste Nacht,
Vertrau' in allem Bangen
Der Thränen Zaubermacht.
Bald, wenn vom heißen Weinen
Dir roth das Auge glüht,
Wird neu der Tag erscheinen,
Weil schon der Morgen blüht.

Gedichte von Carl Gottfried Ritter von Leitner 1825

Karl Gottfried von Leitner
Lithographie von Kriehuber
Österreichische Nationalbibliothek - Public domain

Zum Text

Das Gedicht Das Weinen von Karl Gottfried von Leitner wurde veröffentlicht im Jahr 1825 in Gedichte von Carl Gottfried Ritter von Leitner, Wien, gedruckt bei Johann Paul Sollinger. Es findet sich auf Seite 76.

Digitalisat online

Zur Musik

Komponiert: 1827
Veröffentlichung (angezeigt): 1828
Originaltonart:  D - Dur
Liedform: Strophenlied
Aufnahmetonart:  C - Dur
Schuberts Wohnort 1827

Leitner und Schubert sind sich nie begegnet, wie Leitner selbst bezeugte.

Heinrich Kreissle von Hellborn schreibt in seinen biografischen Notizen zu Franz Schubert:

Auch der Dichter Gottfried Ritter von Leitner, der um das Jahr 1825 in die Familie eingeführt worden war, gehörte dem auserlesenen Kreise an, von welchem sich diese fortan umgeben sah, und jene von seinen Gedichten, welche Schubert in den Jahren 1827 und 1828 in Musik setzte, waren diesem von Frau Marie Pachler zur Composition empfohlen worden. 2.1

Allerdings schreibt Leitner selbst am 28. März 1858 an Ferdinand Luib:

Leider kann ich den in Ihrem verehrten Schreiben vom 17. d. M. ausgesprochenen Wünschen nicht in vollem Umfange entsprechen; denn mein Freund Dr. Faust Pachler hat sich in meinen Beziehungen zu Schubert geirrt, indem dieser während meiner zufälligen Abwesenheit von Graz hier auf Besuch war, und ich ihn überhaupt nie persönlich kennen lernte. 2.2

Und an Heinrich Schubert schreibt er am 24. Dezember 1881:

... Ich erlaube mir, in Bezug auf mein Verhältnis zu Franz Schubert einen Irrtum zu berichtigen, der sich in einigen Biographien Ihres berühmten Verwandten eingeschlichen hat, und den Sie auch zu theilen scheinen. Ich habe nämlich leider nicht die Ehre genossen, ihn zu meinen persönlichen Bekannten zählen zu dürfen. Unsere künstlerischen Beziehungen wurden immer nur durch andere vermittelt. ...
und weiter:
... aber Dr. Pachlers kunstsinnige Gemahlin, Marie Pachler, eine Virtuosin auf dem Pianoforte ... machte Schubert auf die im Sommer 1825 erschienene erste Auflage meiner Gedichte aufmerksam und verehrte ihm ein Exemplar dieses kleinen Bändchens. 2.3

Quellenlage

Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch

Ort des Manuskripts: National Széchényi Library

Die Veröffentlichung besorgte 1828 Lithographisches Institut unter der Leitung von Franz von Schober in Wien als Opus 106 - 2

Das Autograph liegt in der Ungarischen Nationalbibliothek, Budapest.

Zur Veröffentlichung

Deckblatt Opus 106 4.1

Noten

Alte Gesamtausgabe, Serie  XX, Bd. 09 № 546
Neue Schubert-Ausgabe  IV, Bd. 05
Friedlaender Edition  Bd. 2 » 199
Bärenreiter Urtext Edition  Bd. 4 » 25

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Quellen

Youens, Susan: Schubert's Late Lieder: Beyond the Song-Cycles Cambridge University Press, 02.11.2006, 456 Seiten, S. 231

2.1 Kreissle von Hellborn, Heinrich: Franz Schubert, Erstdruck: Wien (Carl Gerolds Sohn) 1865.

2.2 Deutsch, Otto Erich: Schubert, Die Erinnerungen seiner Freunde, Breitkopf & Härtel, Leipzig, 1957, S. 78

2.3 Deutsch, Otto Erich: Schubert, Die Erinnerungen seiner Freunde, Breitkopf & Härtel, Leipzig, 1957, S. 167ff.

4.1 Österreichische Nationalbibliothek, Digitalisierte Sammlungen Erstdruck op. 106, Sig: SH.Schubert.382 MUS MAG

5.1Noten-Quelle auf imslp.org o.ä.: Das Weinen

6.1Textquelle und alternative Kompositionen: www.lieder.net

7.1Otto E. Deutsch: Franz Schubert. Thematisches Verzeichnis seiner Werke in chronologischer Folge - Seite 592

Geschrieben von: Peter Schöne

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