Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Boris Cepeda - Klavier
Aufnahme: Montag, 15. Dezember 2008 | Berlin
Liedtext
Es ist doch meine Nachbarinn
Ein allerliebstes Mädchen!
Wie früh ich in der Werkstatt bin,
Blick' ich nach ihrem Lädchen.
Zu Ring' und Kette poch' ich dann
Die feinen goldnen Drähtchen.
Ach! denk' ich, wann? und wieder, wann?
Ist solch ein Ring für Käthchen?
Und thut sie erst die Schaltern auf,
Da kommt das ganze Städtchen
Und feilscht und wirbt mit hellem Hauf
Um's Allerley im Lädchen.
Ich feile; wohl zerfeil' ich dann
Auch manches goldne [Drähtchen{Schubert Autograph&Erstdruck: Drätchen}].
Der Meister brummt, der harte Mann!
Er merkt, es war das Lädchen.
Und flugs wie nur der Handel still,
Gleich greift sie nach dem Rädchen.
Ich [weiß{Schubert Erstdruck: weiss}] wohl, was sie spinnen will:
Es hofft das liebe Mädchen.
Das kleine [Füßchen{Schubert Erstdruck: Füsschen}] tritt und tritt:
Da denk' ich mir das Wädchen,
Das Strumpfband denk' ich auch wohl mit,
Ich schenkt's dem lieben Mädchen.
Und nach den Lippen führt der Schatz
Das allerfeinste Fädchen.
O wär ich doch an seinem Platz,
Wie [küßt'{Schubert Erstdruck: küsst'}]] ich mir das Mädchen!
Goethe's Werke Band 1, gedruckt bei Anton Strauss, Wien 1816
Zum Text
Das Gedicht steht in Goethe's Werken Band 1, gedruckt bei Anton Strauss, Wien 1816 auf Seite 37f. Ein Digitalisat ist auf den Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek online abrufbar.
Es findet sich ebenfalls in Goethe's Werke, Vollständige Ausgabe letzter Hand, Erster Band, Stuttgart und Tübingen, in der J.G.Cotta'schen Buchhandlung, 1827, S. 35f. Als Digitalisat ist es bei hathitrust.org abrufbar.
Zur Musik
Das Verhältnis zwischen Schubert und Goethe war ambivalent. Während Schubert den 47 Jahre älteren Meister verehrte, hat Letzterer ihn kaum beachtet. Obwohl Goethe einige von Schuberts vertonten Gedichte durch eine Sendung Joseph von Spauns erhielt, gelang es dem Jüngeren nicht, mit seinen Kompositionen bis zu Goethe durchzudringen. Zu fremd waren den Ohren des alten Meisters der Klassik die neuen Klänge. 2.1
1830, zwei Jahre nach Schuberts Tod, soll Goethe den Erlkönig, gesungen von Wilhelmine Schröder-Devrient gehört haben. Ob ihm tatsächlich die Komposition, oder das junge Mädchen gefallen hat, bleibt dahingestellt. 2.2
Schubert vertonte 62 Texte von Goethe, manche sogar mehrmals. Am Ende liegen uns heute fast 80 Kompositionen vor. Viele davon sind Lieder. Einige für mehrere Stimmen und Instrumente.
Schubert war 20 Jahr alt, als er dieses Lied schrieb. Das Vorspiel stammt vermutlich nicht von ihm, denn es steht nicht im Autograph. Außerdem verwendet Schubert im Autograph nur die Strophen 1, 4-7. Die Strophen 2-3 ließ er aus.
Quellenlage
Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch
Ort des Manuskripts: Bibliothèque nationale de France
Die Veröffentlichung besorgte 1850 A. Diabelli & Co. in Wien als Nachlass - 48 | Verlagsnummer 8837
Ein Autograph befindet sich in der Bibliothèque nationale de France Paris. Das Digitalisat kann online studiert werden.
Die Erstveröffentlichung besorgte A. Diabelli et Comp. als Nachlass-Lieferung 48, VN 8837
Noten
Originalversion des Liedes
Quellen
2.1Gülke, Peter: Goethes »Versäumnisse«, in: Blog Klassik Stiftung Weimar, 08. September 2015
2.2Windmeißer, Renate: Neue Chance für Schubert, in: BR Klassik, Was heute geschah, 24. April 2018
5.1Noten-Quelle auf imslp.org o.ä.: Der Goldschmiedsgesell
6.1Textquelle und alternative Kompositionen: www.lieder.net
Geschrieben von: Peter Schöne