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Host Joseph von Spaun
Schubert weilte mehrfach in Linz. So zumindest in den Jahren 1819, 1823, 1825.
Aus Linz schreibt Schubert am 19. August 1819:
Lieber Mayrhofer!
Wenn es Dir so gut geht wie mir, so bist Du recht gesund. Ich befinde mich gegenwärtig in Linz, war bei den Spauns, traf Kenner, Kreil und Forstmayer, lernte Spaun's Mutter kennen und den Ottenwald, dem ich sein von mir componirtes Wiegenlied sang. In Steyr hab ich mich und werd' mich noch sehr gut unterhalten. Die Gegend ist himmlisch, auch bei Linz ist es sehr schön. Wir, d.h. Vogl und ich, werden nächster Tage nach Salzburg reisen. Wie freu' ich mich nach –. Den Ueberbringer dieses Briefes, einen Studenten von Kremsmünster, Namens Kahl, welcher durch Wien nach Idria zu seinen Eltern reist, empfehle ich Dir sehr, und bitte Dich, ihm durch die Tage, die er hier zubringt, mein Bett zu überlassen. Ueberhaupt wünsche ich, daß Du Dich seiner freundschaftlich annimmst, denn er ist ein sehr braver, lieber Mensch.
Die Frau v. S. lasse ich herzlich grüßen. – Hast Du schon was gemacht? Ich will's hoffen. – Vogl's Geburtsfest feierten wir mit einer von Stadler gedichteten und von mir componirten Cantate, die recht gut ausfiel. Jetzt lebe wohl bis auf den halben September.
Dein Freund Franz Schubert. 8.1
An Joseph v. Spaun ergeht am 7. Dezember 1822 folgender Brief:
Ich hoffe Dir durch die Dedication dieser drey Lieder eine kleine Freude zu machen, die Du aber so sehr an mir verdient hast, dass ich Dir wirklich und ex officio eine ungeheure machen sollte und auch würde, wenn ich es im Stande wäre. Auch wirst Du mit der Wahl derselben zufrieden sein, indem ich die wählte, die Du selbst angegeben hast. Nebst diesem Heft erscheinen zu gleicher Zeit noch 2 andere, wovon eines schon gestochen ist, und ich Dir auch ein Exemplar beygelegt habe, und das andere eben gestochen wird. Das erste von diesen enthält, wie Du sehen wirst, die 3 Gesänge des Harfners, wovon das 2te: Wer nie sein Brot mit Thränen aß, neu ist, und ist dem Bischof von St. Pölten gewidmet, das andere enthält, wie Du nicht sehen wirst, die Suleika und Geheimes, und ist dem Schober dedicirt. Nebst diesem habe ich auch eine Fantasie für's Pianoforte auf 2 Hände componirt, welche ebenfalls im Stich erscheint und einem reichen Particulier gewidmet ist. Auch habe ich einige neue Lieder von Göthe componirt, als: der Musensohn, an die Entfernte, am Flusse, und Willkommen und Abschied. — Mit der Oper ist es in Wien nichts, ich habe sie zurück begehrt und erhalten, auch ist Vogl wirklich vom Theater weg. Ich werde sie in Kurzem entweder nach Dresden, von wo ich vom Weber einen vielversprechenden Brief erhalten, oder nach Berlin schicken. — Meine Messe ist geendigt, und wird nächstens producirt werden; ich habe noch die alte Idee, sie dem Kaiser oder der Kaiserin zu weihen, da ich sie für gelungen halte. — Nun habe ich Dir alles, was ich von mir und meiner Musik Neues sagen konnte, gesagt, nun noch eins von einem andern. Libussa, eine große Oper von C. Kreutzer, ist dieser Tage zum erstenmahl gegeben worden, und gefiel. Besonders soll der 2te Akt schön seyn, ich habe nur den 1ten gehört, der mich kalt liess. Und nun, wie geht es Dir? Da ich gewiss hoffe, gut, so konnte ich wohl so spät fragen. Wie befindet sich Deine Familie? Was macht Streinsberg? Schreib mir das alles ja recht bald. Mir ging es sonst ziemlich gut, wenn mich nicht die schändliche Geschichte mit der Oper so kränkte. Mit Vogl habe ich, da er nun vom Theater weg ist, und ich also in dieser Hinsicht nicht genirt bin, wieder angebunden. Ich glaube sogar mit ihm oder nach ihm diesen Sommer wieder hinauf zu kommen; worauf ich mich recht freue, indem ich Dich und Deine Freunde wiedersehen werde. — Unser Zusammenleben in Wien ist jetzt recht angenehm, wir halten bei Schober wöchentlich 3mahl Lesungen und eine Schubertiade, wobey auch Bruchmann erscheint. Und nun, lieber Spaun, lebe recht wohl. Schreibe mir ja recht bald und recht viel, um die unausgefüllte Leere, welche mir Deine Abwesenheit immer machen wird, einigermassen zu tilgen. — Grüsse mir alle Deine Brüder, auch Deine Frau Schwester und Ottenwald recht herzlich, so wie Streinsbergner und andere mehr etc.
Dein treuer Freund Franz Schubert. 8.2
Am 28. Juli 1823 wird Schubert, der gemeinsam mit Vogl reist, durch Joseph v. Spaun und Albert Stadler in die Familie Hartmann eingeführt. Sie Söhne Hartmanns, studieren in Wien und führen beide Tagebuch, wodurch für diesen Abschnitt in Schuberts Leben ein umfangreicher Einblick möglich wird. 8.3
Am 21. Juli 1825 schreibt Schubert aus Linz an den nach Lemberg abberufenen Spaun:
Lieber Spaun!
Du kannst Dir denken, wie sehr mich das ärgern muß, daß ich in Linz einen Brief an Dich schreiben muß – nach Lemberg. Hol' der Teufel die infame Pflicht, die Freunde auseinander reißt, wenn sie kaum aus dem Kelch der Freundschaft genippt haben. Da sitz' ich in Linz und schwitz' mich halb tod in dieser schändlichen Hitz. Habe ein Heft neuer Lieder11 und Du bist nicht da. Schämst du Dich nicht? Linz ist ohne Dich wie ein Leib ohne Seele, wie ein Reiter ohne Kopf, wie eine Suppe ohne Salz. Wenn nicht der Jägermaier gutes Bier hätte und auf dem Schloßberg ein passabler Wein zu haben wäre, so müßte ich mich auf der Promenade aufhängen aus Schmerz über die entfloh'ne Linzer Seele. Du siehst, daß ich ordentlich ungerecht werde gegen das übrige Linzthum, indem ich doch in Deiner Mutter Hause, in der Mitte Deiner Schwestern, des Ottenwalt und Max recht vergnügt bin und aus den Leibern manches noch andern Linzers der Geist herauszublitzen scheint. Nur fürcht' ich, wird dieser Geist nach und nach verblitzen, und da möchte ich vor Unmuth zerplatzen. Ueberhaupt ist es ein wahres Elend, wie jetzt überall alles zur faden Prosa verknöchert, wie die meisten Leute dabei ruhig zusehen oder sich gar wohl dabei befinden, wie sie ganz gemächlich über den Schlamm in den Abgrund glitschen. Aufwärts geht's freilich schwerer, und doch wäre dies Gesindel leicht zu Paaren zu treiben, wenn nur von oben etwas geschehe.
Uebrigens lasse Dir kein graues Haar wachsen, daß Du so weit von uns bist; biete dem einfältigen Schicksal Trotz, laß Dein weiches Gemüth wie einen Blumengarten erblühen, daß Du in dem kalten Norden Wärme des Lebens verbreiten und Deine göttliche Abkunft beurkunden mögest.
Niederträchtig ist die Trauer, die ein edles Herz beschleicht; wirf sie von Dir und zertritt den Geier, der sich in Deine Seele hineinfrißt.
Von Schober höre ich, daß er nach Wien zurückkommen soll. Nun frag ich, was wird er da machen? Indessen freue ich mich doch sehr auf ihn, ich hoffe, er wird wieder ein etwas lebendigeres und gescheidteres Wesen in die zwar sehr zusammengeschmolzene Gesellschaft hineinbringen.
Ich bin seit 20. Mai in Oberösterreich und ärgerte mich, als ich erfuhr, daß Du ein paar Tage zuvor von Linz abgereist bist. Ich hätte Dich so gerne noch einmal gesehen, ehe Du Dich dem polnischen Teufel überliefert hast.
In Steyr hielt ich mich nur vier Tage auf, worauf wir (Vogl und ich) nach Gmunden gingen, wo wir sechs volle Wochen recht angenehm zubrachten. Wir waren bei Traweger einloschirt, der ein prächtiges Fortepiano besitzt und, wie du weißt, ein großer Verehrer meiner Wenigkeit ist. Ich lebte da sehr angenehm und ungenirt. Bei Hofrath von Schiller wurde viel musicirt, unter andern auch einige von meinen neuen Liedern aus W. Scott's ›Fräulein vom See‹, von welchen besonders die Hymne allgemein ansprach.
Daß Du mit dem jungen Mozart zusammenkommst, freut mich recht. Grüße ihn von mir.
Nun lebe wohl mein lieber Spaun, denke öfters an Deinen aufrichtigen Freund
Franz Schubert.
Schreibe mir doch nach Steyr. 8.4