Der Zwerg

D 771 Opus 22 - 1

Matthäus von Collin 1779 - 1824

Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Olga Monakh - Klavier

Aufnahme: Montag, 25. Juli 2011 | Berlin

Liedtext

Im trüben Licht verschwinden schon die Berge,
Es schwebt das Schiff auf glatten Meereswogen,
Worauf die Königinn mit ihrem Zwerge.

Sie schaut empor zum hoch gewölbten Bogen,
Hinauf zur lichtdurchwirkten blauen Ferne,
Die mit der Milch des Himmels blaß durchzogen.

Nie habt ihr mir gelogen noch, ihr Sterne,
So ruft sie aus, bald werd' ich nun entschwinden,
Ihr sagt es mir, doch sterb' ich wahrlich gerne.

Da [geht{Schubert: tritt}] der Zwerg zur Königinn, mag binden
Um ihren Hals die Schnur von rother Seide,
Und weint, als wollt' er schnell vor Gram erblinden.

Er spricht: Du selbst bist schuld an diesem Leide,
Weil um den König du mich hast verlassen:
Jetzt weckt dein Sterben einzig mir noch Freude.

Zwar werd' ich ewiglich mich selber hassen,
Der dir mit dieser Hand den Tod gegeben,
Doch mußt zum frühen Grab du nun erblassen.

Sie legt die Hand auf's Herz voll jungem Leben,
Und aus dem Aug die schweren Thränen rinnen,
Das sie zum Himmel bethend will erheben.

Mögst du nicht Schmerz durch meinen Tod gewinnen!
Sie sagt's, da küßt der Zwerg die bleichen Wangen,
D'rauf alsobald vergehen ihr die Sinnen.

Der Zwerg schaut an die Frau, vom Tod befangen,
Er senkt sie tief in's Meer mit eig'nen Handen,
Ihm brennt nach ihr das Herz so voll Verlangen, –
An keiner Küste wird er je mehr landen.

Matthäus von Collin
Österreichische Nationalbibliothek - Public domain

Zum Text

In der Veröffentlichung aus dem Jahr 1813 trägt das Gedicht den Titel Treubruch.

Das Gedicht Der Zwerg von Matthäus von Collin wurde veröffentlicht im Jahr 1813 in Selam. Ein Almanach für Freunde des Mannigfaltigen auf das Jahr 1813. Herausgegeben von I.F.Castelli. Wien, gedruckt und im Verlage bey Anton Strauß. Es findet sich auf Seite 68.

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Weitere Veröffentlichungen:

Matthäus Edlen von Collin’s nachgelassene Gedichte, ausgewählt und mit einem bio- graphischen Vorworte begleitet von Joseph von Hammer Zweytes Bändchen Wien Gedruckt und im Verlage bey Carl Gerold., 1827, Seite 140

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Zur Musik

Komponiert: November 1822
Veröffentlichung (angezeigt): 27. Mai 1823
Originaltonart:  a - moll
Liedform: durchkomponiert
Aufnahmetonart:  a - moll
Schuberts Wohnort 1822

Leider zerrt die Aufnahme aufgrund der großen Dynamik des Liedes an wenigen Stellen. Bei Gelegenheit wird dieses Lied neu aufgenommen.

Matthäus von Collin war ein Vetter von Joseph von Spaun, einem der engsten Freunde Schuberts. Bei einer Zusammenkunft im Hause Collins wurde Der Wanderer (gesungen von Vogl) und die Variationen e-Moll op. 10 gegeben (vierhändig mit Anselm Hüttenbrenner). 3.1
Trotz der gemeinsamen Begegnungen und eindeutigen Widmung von op. 22 an Collin hat sich keine enge Freundschaft zwischen Schubert und ihm entwickelt. 

Das bekannteste Lied auf einen Text von Collin dürfte Nacht und Träume D 827 sein.

Am 24.06.1824 erschien eine Kritik zu op. 21-24 in der Allgemeinen musikalischen Zeitung.

Die erste öffentliche Aufführung fand am 13. November 1823 im Musikverein Wien durch Josef Preisinger statt. 3.2

Quellenlage

Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch

Die Veröffentlichung besorgte 1823 Sauer & Leidesdorf in Wien als Opus 22 - 1 | Verlagsnummer 337

Zur Veröffentlichung

Deckblatt Opus 22 4.1
Deckblatt Wiener Zeitung 27. Mai 1823 4.2

Noten

Alte Gesamtausgabe, Serie  XX, Bd. 07 № 425
Neue Schubert-Ausgabe  IV, Bd. 01
Friedlaender Edition  Bd. 2 » 55

Originalversion des Liedes PDF Thumbnail Erstdruck PDF Thumbnail
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