Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Olga Monakh - Klavier
Aufnahme: Samstag, 25. Juni 2011 | Berlin
Liedtext
Spude dich, Kronos!
Fort den rasselnden Trott!
Bergab gleitet der Weg;
Ekles Schwindeln zögert
Mir vor die Stirne dein Zaudern.
Frisch, holpert es gleich,
Ueber Stock und Steine den Trott
Rasch in's Leben hinein!
Nun schon wieder
Den erathmenden Schritt
Mühsam Berg hinauf.
Auf denn, nicht träge denn,
Strebend und hoffend hinan!
Weit, hoch, herrlich [der Blick
Rings{Schubert: rings den Blick}] in's Leben hinein,
Vom Gebirg' zum Gebirg'
Schwebet der ewige Geist,
Ewigen Lebens ahndevoll.
Seitwärts des Überdachs Schatten
Zieht dich an,
Und ein Frischung verheißender Blick
Auf der Schwelle des Mädchens da.
Labe dich – Mir auch, Mädchen,
Diesen schäumenden Trank,
Diesen frischen Gesundheitsblick!
Ab denn, rascher hinab!
Sieh, die Sonne sinkt!
Eh' sie sinkt, eh' mich Greisen
Ergreift im Moore Nebelduft,
Entzahnte Kiefer schnattern
Und das schlotternde Gebein.
Trunknen vom letzten Strahl
Reiß mich, ein Feuermeer
Mir im schäumenden Aug',
Mich geblendeten Taumelnden
In der Hölle nächtliches Thor.
Töne, Schwager, in's Horn,
Raßle den schallenden Trab,
Daß der Orcus vernehme: wir kommen,
Daß gleich an der [Thüre{Schubert: Tür}]
Der Wirth uns freundlich empfange.
Zum Text
Über die mythologische Figur Kronos kann man sich hier informieren: Kronos. Ob tatsächlich diese Figur im Text gemeint ist, scheint in manchen Passagen fraglich.
Johann Wolfgang von Goethe schrieb sein Gedicht 1774 im Alter von 25 Jahren nach einer Reise in die Schweiz. Als ein Musterbeispiel des Sturm und Drang befreit sich das lyrische Ich darin von allen Fesseln und nimmt das aufgeklärte Leben selbst in die Hand.
Das Gedicht An Schwager Kronos von Johann Wolfgang von Goethe wurde veröffentlicht im Jahr 1789 in Goethe's Schriften. Achter Band. Leipzig, bey Georg Joachim Göschen. Es findet sich auf Seite 198ff..
Zur Musik
Das Verhältnis zwischen Schubert und Goethe war ambivalent. Während Schubert den 47 Jahre älteren Meister verehrte, hat Letzterer ihn kaum beachtet. Obwohl Goethe einige von Schuberts vertonten Gedichte durch eine Sendung Joseph von Spauns erhielt, gelang es dem Jüngeren nicht, mit seinen Kompositionen bis zu Goethe durchzudringen. Zu fremd waren den Ohren des alten Meisters der Klassik die neuen Klänge. 2.1
1830, zwei Jahre nach Schuberts Tod, soll Goethe den Erlkönig, gesungen von Wilhelmine Schröder-Devrient gehört haben. Ob ihm tatsächlich die Komposition, oder das junge Mädchen gefallen hat, bleibt dahingestellt. 2.2
Schubert vertonte 62 Texte von Goethe, manche sogar mehrmals. Am Ende liegen uns heute fast 80 Kompositionen vor. Viele davon sind Lieder. Einige für mehrere Stimmen und Instrumente.
Schubert verwendet eine kraftvolle Begleitung. Schon die einstimmige Melodieführung der ersten Takte hat zusammen mit der Tempo-Angabe "nicht zu schnell", der Artikulationsbezeichnung "staccato" und den Akzenten eine mächtige Wirkung, die in der Folge durch die dahingeschmetterten Akkorde der rechten Hand ergänzt wird. Selten schreibt Schubert in seinem Liedschaffen ff in der Begleitung vor, doch hier wird es allen Hindernissen zum Troitz gefordert. Erst im B-Teil des Liedes entspannt sich die Athmosphäre, um dann in der Reprise erneut mit voller Kraft dem Ende entgegen zu stürmen.
Quellenlage
Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch
Die Veröffentlichung besorgte 1825 A. Diabelli & Co. in Wien als Opus 19 - 1 | Verlagsnummer 1800
Noten
Originalversion des Liedes