Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Holger Berndsen - Klavier
Aufnahme: Freitag, 26. August 2016 | Würzburg
Liedtext
Du holde Kunst, in wie viel grauen Stunden,
Wo mich des Lebens wilder Kreis umstrickt,
Hast du mein Herz zu warmer Lieb' entzunden,
Hast mich in eine beßre Welt entrückt!
Oft hat ein Seufzer, deiner Harf' entflossen,
Ein süßer, heiliger Akkord von dir
Den Himmel bessrer Zeiten mir erschlossen,
Du holde Kunst, ich danke dir dafür!
Zum Text
Der Text, der diesem Lied zugrunde liegt, ist ein Beispiel für Universalpoesie wie Friedrich Schlegel sie 1798 definierte. In ihm verbindet sich die reale Welt mit dem Gedanken an eine "bess're Welt" zu der man getragen durch die Musik "entrücken" kann. 1.1
Franz Schober schrieb das Gedicht im März 1817 und Schubert muss es unmittelbar vertont haben.
Schober ließ sich möglicherweise inspirieren von der 41. Stanze des Versepos Die bezauberte Rose von Ernst Schulze. 1.2 Dieses Werk dürfte im Kreise Schuberts bekannt gewesen sein, denn Schubert spielte mit dem Gedanken aus der bezauberten Rose eine Oper zu machen. Die Verse von Schulze lauten:
Du holde Kunst melodisch süßer Klagen,
Du tönend Lied aus sprachlos finsterm Leid,
Du spielend Kind, das oft aus schönern Tagen
In unsre Nacht so duft'ge Blumen streut,
Ach, ohne dich vermöcht' ich nie zu tragen,
Was feindlich längst mein böser Stern mir beut!
Wenn Wort und Sinn in Liebe freundlich klingen,
Dann flattert leicht der schwere Gram auf Schwingen.
Ein Manuskript des Textes liegt in der Wienbibliothek im Rathaus.
Das "falsche" Wort entzunden ist keine Wortschöpfung Schobers, sondern war zu seiner Zeit eine gebräuchliche Form für entzündet. Auch heute noch wird es sowohl in Österreich als auch in Bayern verwendet. Einen etymologischen Hinweis zum Wort findet man hier.1.3
Zur Musik
Franz Schubert und Franz von Schober waren innigst miteinander befreundet. Sie wohnten ab 1818 mit einigen Unterbrechungen zusammen in Schobers Wohnung Tuchlauben 20, Landskrongasse 5 im ersten Wiener Bezirk (Ansicht vor 1905). Schober war mit vielen künstlerischen Persönlichkeiten bekannt und trug viel dazu bei, dass sich Schuberts Werk zu seinen Lebzeiten und darüber hinaus verbreitete.
Heute liegen uns 13 Vertonungen der Gedichte Schobers als Sololied vor. Vermutlich setzte Schubert die Gedichte sofort oder kurz nach ihrer Entstehung in Musik.
Ein weiteres Lied Augenblicke im Elysium ging verloren, bevor es in den ersten allgemeinen Sammlungen Schubertscher Lieder Einzug halten konnte. Es findet sich lediglich ein Hinweis in der zweiten vermehrten Auflage der Gedichte Schobers (Leipzig, 1865). Dort heißt es im Untertitel zum Gedicht "Von Franz Schubert in Musik gesetzt".2.1
Eine interessante Deutung der Komposition An die Musik als homoerotischer Liebesbrief an Franz von Schober ist im Buch Geheime Botschaften von Ilija Dürhammer zu finden. 2.2
Dürhammer deutet die "warme Lieb" als Synonym für "warmer Bruder", ein Begriff, der sowohl in der christlichen Mythik, als auch im islamischen Sufismus aus der "geschworenen Bruderschaft" übrig geblieben ist. Man sollte allerdings nicht vergessen, dass Zeichen der Zuneigung, die früher womöglich üblich waren, nur für eine besonders intensive Form der Freundschaft standen.
Trivia
Schubert widmete dieses Lied am 24. April 1827 dem Wiener Klaviervirtuosen Albert Sowinsky. Gustav Schilling bemerkt über Albert Sowinsky in seinem 1842 erschienenen Werk "Das musikalische Europa" auf Seite 320: Sowinsky, Albert, ein Pole von Geburt, geboren um 1810, tüchtiger Claviervirtuos und Componist für sein Instrument; von 1826 an reiste er in Deutschland und Italien, wo er sich besonders in Wien, Mailand, Turin u. m. a. Städten großen Beifall erwarb; 1833 kam er nach Paris, wo er sich seither fast ausschließlich aufhält, besonders auch als Lehrer sehr geschätzt. Seine Compositionen sind in sehr gefälligem Style gehalten. 2.3
Quellenlage
Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch
Ort des Manuskripts: Bibliothèque nationale de France
Die Veröffentlichung besorgte 1895 Eusebius Mandyczewski in Alte Gesamtausgabe (Breitkopf&Härtel) in Leipzig
Das Lied existiert in zwei Fassungen. Die zweite Fassung finden Sie hier:
An die Musik - zweite Fassung
Laut thematischem Katalog von Otto Erich Deutsch gab es ein Manuskript der ersten Fassung dieses Liedes gemeinsam mit Der Jüngling und der Tod D 545 und Trost im Liede D 546 im Besitz von Dr. Alwin Cranz. Es gilt als verschollen.
Die Erstveröffentlichung der Erstfassung besorgte Eusebius Mandyczewski im Rahmen der Alten Gesamtausgabe (AGA).
In der Bibliothèque nationale de france kann man ein Autograph der ersten Fassung online recherchieren, das dem verschollenen Manuskript sehr ähnlich sein muss, denn es ähnelt stark der Version aus der Erstveröffentlichung.
Die zweite Fassung des Liedes erschien als op. 88 Nr. 4.
Noten
Originalversion des Liedes
Quellen
1.1 Friedrich Schlegel: Progressive Universalpoesie
1.2 Karl Kobald: Schubert und Schwind - Ein Wiener Biedermeierbuch, S. 207
1.3 Hinweis des Benutzers Peter Rastl
2.1Schober, Franz von: Gedichte, Leipzig: Verlag Weber, zweite vermehrte Auflage, 1865, S. 228
2.2 Dürhammer, Ilija: Geheime Botschaften. Böhlau Wien, 2006; S.96ff;
2.3 Schilling, Gustav: Das musikalische Europa Speyer, 1842
5.1Noten-Quelle auf imslp.org o.ä.: An die Musik
6.1Textquelle und alternative Kompositionen: www.lieder.net
Geschrieben von: Peter Schöne