Artists: Peter Schöne - Baritone | Olga Monakh - Piano
Recording: Saturday, 23. July 2011 | Berlin
Lyrics
»Laßt uns, ihr Himmlischen, ein Fest begehen!«
Gebiethet Zevs — [sein rascher Bothe eilt —{Schubert Manuskript: ausgelassen}]
Und von der Unterwelt, den Höh'n und Seen,
Steigt Alles zum Olympus unverweilt.
Der Rebengott verläßt, den er bezwungen,
Des Indus blumenreichen Fabelstrand;
Des Helikons erhabne Dämmerungen
Apoll, und Cypria ihr Inselland.
Die [Strömerinen{Schubert Manuskript: Strömerinnen}] moosbesäumter Quellen,
Dryadengruppen aus dem stillen Hain,
[Wie{Schubert Manuskript: Und] der beherrscht des Oceanes Wellen,
Sie finden willig sich zum Feste ein.
Und wie sie nun in glänzenden Gewanden
Den ew'gen Kreis, an dem kein Wechsel zehrt,
Den blühenden, um [unsren{Schubert Manuskript: unsern} Donn'rer wanden,
Da strahlt sein Auge jugendlich verklärt.
Er winkt: und Hebe [füllet Krüg' und{Schubert Manuskript: füllt die goldnen] Schalen,
Er winkt: [der Trojer{Schubert Manuskript: und Ceres}] reicht Ambrosia,
Er winkt: und süße Freudenhymnen schallen;
Und was er immer [ordnete,{Schubert Manuskript: ordnet, das}] geschah.
Schon röthet Lust der Gäste Stirn' und Wange,
Der schlaue Eros lächelt still für sich:
Die Flügel öffnen sich - im sachten Gange,
Ein edles Weib in die Versammlung schlich.
Unstreitig ist sie aus der Uraniden
Geschlecht', ihr Haupt umhellt ein Sternenkranz;
Es leuchtet herrlich auf dem lebensmüden
Und bleichgefärbten Antlitz Himmelsglanz.
Doch ihre gelben Haare sind verschnitten,
Ein dürftig Kleid deckt ihren reinen Leib.
Die wunden Hände deuten, daß gelitten
Der Knechtschaft schwere Schmach das Götterweib.
Es spähet Jupiter in ihren Zügen:
»Du bist — du bist es nicht, Urania!«
»Ich bin's.« — Die Götter taumeln von den Krügen
Erstaunt, und rufen: wie? Urania!
»Ich kenne dich nicht mehr. In holder Schöne«
Spricht Zevs — »zogst [du{Schubert Manuskript: von mir}] der Erde zu.
[Dem]8 Göttlichen befreunden ihre Söhne,
In meine Wohnung leiten solltest du.
Womit Pandora einstens sich gebrüstet,
Ist unbedeutend wahrlich und gering,
Erwäge ich, womit ich dich gerüstet,
Den Schmuck, den meine Liebe um dich hing.«
»Was du, o Herr, mir damahls aufgetragen,
Wozu des Herzens eigner Drang mich trieb,
Vollzog ich willig, ja ich darf es sagen;
Doch daß mein Wirken ohne Früchte blieb,
Magst du, o Herrscher, mit dem Schicksal rechten,
Dem alles, was entstand, ist unterthan;
Der Mensch verwirrt das Gute mit dem Schlechten,
Ihn hält gefangen Sinnlichkeit und Wahn.
Dem Einen mußt' ich seine Aecker pflügen,
Dem Andern Schaffnerin im Hause seyn,
Dem seine Kindlein in die Ruhe wiegen,
Dem Andern sollt' ich Lobgedichte streu'n.
Der Eine sperrte mich in tiefe Schachten,
Ihm auszubeuten klingendes Metall;
Der [Andre{Schubert Manuskript: eine}] jagte mich durch blut'ge Schlachten
Um Ruhm — so wechselte der Armen Qual.
Ja dieses Diadem, — die goldnen Sterne —
Das du der Scheidenden hast zugewandt,
Sie hätten es zur Feuerung ganz gerne
Bey winterlichem Froste weggebrannt.«
»Verwünschte Brut,« [ruft{Schubert Manuskript: herrscht] Zevs mit wilder Stimme,
»Dem schnellsten Untergang sey [du{Schubert Manuskript: sie}] geweiht!«
Die Wolkenburg erbebt [vor{Schubert Manuskript: von] seinem Grimme,
Und Luft und Meer und Land erzittern weit.
Er reißt den Blitz gewaltsam aus den Fängen
Des Adlers; über'm hohen Haupte schwenkt
Die Lohe er, die Erde zu versengen,
Die seinen Liebling unerhört gekränkt.
Er schreitet vorwärts, um sie zu verderben,
Es dräut der rothe Blitz, noch mehr sein Blick.
Die bange Welt bereitet sich zu sterben —
Es sinkt [des Rächers Arm{Schubert Manuskript: der Rächerarm}], er tritt zurück,
Und heißt Uranien [hinunter{Schubert Manuskript: hinab zu}] schauen.
Sie sieht in weiter Fern' ein liebend Paar,
Auf einer grünen stromumflossnen Auen,
Ihr Bildniß ziert den ländlichen Altar,
Vor dem die Beyden opfernd niederknien,
Die Himmlische ersehnend, die entflohn;
Und wie ein [Ocean{Schubert Manuskript: mächtig Meer] von Harmonien
Umwogt die Göttin ihres Flehens Ton.
Ihr dunkles Auge füllet eine Thräne,
Der Schmerz der Liebenden hat sie erreicht;
Ihr Unmuth wird, wie eines Bogens Sehne
Vom [Morgenthaue{Schubert Manuskript: feuchten Morgenthaue}], nun erweicht.
»Verzeihe, heischt die göttliche Versöhnte:
»Ich war zu rasch im Zorn, mein Dienst, er gilt
Noch auf der Erde: wie man mich auch höhnte,
Manch frommes Herz ist noch von mir erfüllt.
O laß mich zu den armen Menschen steigen,
Sie lehren, was dein hoher Wille ist,
Und ihnen mütterlich in Träumen zeigen
Das Land, wo der Vollendung Blume sprießt.«
»Es sey,« ruft Zevs, »reich will ich dich bestatten;
Zeuch, Tochter, hin, mit frischem [starken{Schubert Manuskript: starkem}] Sinn!
Und [komm, gewahrst{Schubert Manuskript: komme fühlst}]]18 du deine Kraft ermatten,
Zu uns herauf, des Himmels Bürgerin.
Oft sehen wir dich kommen, wieder scheiden,
In immer längern Räumen bleibst du aus,
Und endlich gar - es enden deine Leiden,
Die weite Erde nennst du einst dein Haus.
Du, Dulderin! wirst [dort{Schubert Manuskript: du]] geachtet wohnen,
Noch mehr, als wir. Vergänglich ist die Macht,
Die uns erfreut; der Sturm [droht unsren{Schubert Manuskript: fällt unsre}]] Thronen,
Doch deine Sterne leuchten durch die Nacht.«
About poem
Johann Mayrhofer veröffentlichte seine Gedichte 1824 bei der eher kleinen Verlagsbuchhandlung Friedrich Volke in Wien. Diese Veröffentlichung ist als Digitalisat in der Österreichischen Nationalbibliothek online studierbar. Das Gedicht findet sich auf Seite 169ff. 1.1
Auf der Seite lieder.net ist nachzulesen, dass Schubert die Gedichte Mayrhofer's üblicherweise als Handschrift erhielt. Dadurch erklären sich auch die vielen Änderungen zur Druckversion des Textes.
Urania ist eine der Musen in der griechischen Mythologie. Ihre Attribute, der Himmelsglobus und der Zeigestab, ihr sternenumkränztes Haupt weisen sie als Muse der Astronomie aus. Ihr Name wird oft assoziert mit universeller Liebe und dem heiligen Geist. 1.2
About music
Mayrhofer war ein enger Freund Franz Schuberts und wohnte drei Jahre von 1819-1821 gemeinsam mit ihm in einer Wohngemeinschaft. Er schreibt am 23. Februar 1829 im Neuen Archiv für Geschichte, Staatenkunde, Literatur und Kunst in seinen Erinnerungen an Franz Schubert:
"Mein Verhältniß mit Franz Schubert wurde dadurch eingeleitet, daß ihm ein Jugendfreund das Gedicht „am See" – es ist das vierte in dem bei Volke 1824 erschienenen Bändchen – zur Komposition übergab. An des Freundes Hand betrat 1814 Schubert das Zimmer, welches wir 5 Jahre später gemeinsam bewohnen sollten. Es befindet sich in der Wipplingerstraße (heute Nr.2).
(...)
Dieses Grundgefühl, und die Liebe für Dichtung und Tonkunſt machten unser Verhältniß inniger; ich dichtete,er komponierte, was ich gedichtet, und wovon Vieles seinen Melodien Entstehung, Fortbildung und Verbreitung verdankt." 2.1
Dieser engen Beziehung verdanken wir 47 Gedichtvertonungen durch Schubert.
Franz Schubert war 20 Jahre alt, als er dieses Lied schrieb.
Source situation
Here you can find some informations about sources: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch
Manuscript location: Bibliothèque nationale de France
The publication procured 1895 Eusebius Mandyczewski in the Old Schubert Edition (Breitkopf&Härtel) in Leipzig
Das Autograph befindet sich in der Bibliotheque Nationale de Paris, Conservatoire und kann online recherchiert werden.
Die Veröffentlichung besorgte Dr. Eusebius Mandyczewski im Rahmen der Alten Gesamtausgabe.
Scores
Original version
Sources
1.1Österreichische Nationalbibliothek - Digitalisierte Sammlungen, Gedichte von Johann Mayrhofer, Wien, Verlag Friedrich Volke, 1824, Sig. 71.Bb.5.(Vol.1)
1.2 Seite „Urania“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 26. September 2018, 01:07 UTC
2.1 Österreichische Nationalbibliothek, Digitalisierte Sammlungen, Neues Archiv für Geschichte, Staatenkunde, Literatur und Kunst, Signatur: 392789-C.20.21
4.1 Munich Digitization Center Alte Gesamtausgabe
5.1Sheet music source @ imslp.org: Uraniens Flucht
6.1Lyric source and other compositions: www.lieder.net
7.1Otto E. Deutsch: Schubert. Thematic Catalogue of all his works in chronological order - Page 322
Written by: Peter Schöne