Artists: Peter Schöne - Baritone | Olga Monakh - Piano
Recording: Monday, 11. November 2013 | Berlin
Lyrics
"[Gib{Schubert AGA: Gieb}], Schwester, mir die Harf' herab,
Gib mir Biret und Wanderstab,
Kann hier nicht fürder weilen!
Bin ahnenlos, bin nur ein Knecht,
Bin für die edle Maid zu schlecht,
Muß [stracks{Schubert Erstdruck: straks}] von hinnen eilen!
"Still, Schwester, bist Gottlob! nun Braut,
Wirst morgen Wilhelm angetraut,
Soll mich nichts weiter halten!
Nun [küße{Schubert Erstdruck & AGA: küsse}] mich, Leb, Trude, wohl!
Dieß Herze, [Schmerz und Liebe voll{Schubert Erstdruck: bei der Wdh. Liebe-voll, AGA: schmerz- und liebevoll}],
Laß Gott den Herrn bewalten!"
– Der Liedler zog durch manches Land,
Am alten [Rhein, am{Schubert Erstdruck: und, AGA: Rhein- und}] Donaustrand,
Wohl über Berg' und Flüsse!
Wie weit er flieht, wohin er zieht,
Er trägt den Wurm im Herzen mit,
Und singt nur Sie, die Süße!
Und er's nicht länger tragen kann!
Thät sich mit Schwert und Panzer an,
Den Tod sich zu erstreiten:
Im Tod ist Ruh! im Grab ist Ruh'!
Das Grab deckt Herz und Wünsche zu;
Ein Grab will er erreiten!
– Der Tod ihn floh, und Ruh ihn floh;
Des Herzogs [Panner{Schubert AGA: Banner}] flattert froh
Der Heimath Gruß entgegen;
Entgegen wallt, entgegen schallt
Der Freunde Gruß durch Saat und Wald,
Auf allen Weg' und Stegen.
Da ward ihm unterm Panzer weh,
Im Frühroth glüht der ferne Schnee
Der heimischen Gebirge;
Ihm war, als zög's mit Hünenkraft
Dahin sein Herz, der Brust entrafft,
Als ob's ihn hier erwürge!
Da [mocht'{Schubert Erstdruck & AGA: konnt}] er's fürder nicht besteh'n!
"Muß meine Heimath wiederseh'n,
"Muß Sie noch einmahl schauen!"
Die mit der Minne Rosenhand
[Sein{Schubert AGA: ein}] Herz an jene Berge band,
Die herrlichen, die blauen!
Da warf er Wehr und Waffe weg,
Sein Rüstzeug weg in's [Dorngeheg'{Schubert Erstdruck: Dorngeheeg}],
Die liederreichen Saiten,
Die Harfe nur, der Süßen Ruhm,
Sein Klagepsalm, sein Heiligthum,
Soll ihn zurück begleiten.
Und als der Winter [trat{Schubert Erstdruck: tratt}] in's Land,
Der Frost im Lauf die Ströme band,
[Betrat{Schubert Erstdruck: Betratt}] er seine Berge;
Da lag's ein Leichentuch von Eis,
Lag's vorn' und neben todtenweiß,
Wie tausend Hünen-Särge!
Lag's unter ihm, sein Mutterthal,
Das gräflich Schloß im Abendstrahl,
[Die Süße{Schubert Erstdruck: Wo Milla}] [d'rinn{Schubert AGA: drin}] geborgen!
Glück auf, der Alpe Pilgerruh
Winkt heute Ruh dir Ärmster zu,
Zur [Veste{Schubert Erstdruck & AGA: Feste}], Liedler morgen!
"Ich hab nicht Rast, ich hab nicht Ruh,
Muß heute noch der Feste zu,
Wo Milla [d'rin{Schubert Erstdruck: drinn, AGA: drin}] geborgen!"
Bist starr [und{Schubert Erstdruck: bist}] blaß! "Bin todtenkrank,
Heut ist noch mein! Todt, Gott sey Dank,
Todt find't mich wohl der Morgen!"
Horch Maulgetrab', horch Schellenklang
Vom Schloß herab, der Alp' entlang
Zog's unter Fackelhelle;
Ein Ritter führt, ihm angetraut,
Führt Milla heim als seine Braut:
Bist Liedler schon zur Stelle!
Der Liedler schaut' und sank in sich;
Da bricht und schnaubet wüthiglich
Ein [Wehrwolf{Schubert Erstdruck: Währwolf}] durch's [Gehäge{Schubert Erstdruck: Gehege}],
Die Maule flieh'n, kein [Zaum{Schubert AGA: Saum}] sie zwingt,
Der Schecke stürzt, weh! Milla sinkt
Ohnmächtig hin im Wege. –
Da riß er sich, ein Blitz, empor
Zum Hort der [Heißgeminnten{Schubert Erstdruck: heiß geminnten}] vor!
Hoch auf des Unthiers Nacken
Schwang er sein theures Harfenspiel,
Daß es zersplittert niederfiel,
Und Nick und Rachen knacken.
Und wenn er [stark, denn{Schubert Erstdruck & AGA: stark wie}] Simson wär,
Erschöpft mag er und sonder Wehr
Den Grimmen nicht bestehen!
Vom Busen, vom zerfleischten Arm,
Quillt's Herzblut nieder, liebewarm,
Schier denkt er zu vergehen.
Ein Blick auf Sie! und alle Kraft
Mit [einmahl{Schubert AGA: einmal}] er zusammenrafft,
Die noch verborgen schliefe,
Ringt um den [Wehrwolf{Schubert Erstdruck & AGA: Währwolf}] Arm und Hand,
Und stürzt sich von der Felsenwand
Mit ihm in schwindle Tiefe. -
Fahr, Liedler, [wohl!{Schubert Erstdruck: fahr}] auf ewig wohl!
Dein Herze, [Schmerz und Liebe voll{Schubert Erstdruck: Liebevoll, AGA: schmerz- und liebevoll}],
Hat Ruh im [Grabe funden!{Schubert Erstdruck & AGA: Grab gefunden}]
Das Grab ist aller Pilger Ruh,
Das Grab deckt [alle Wunden{Schubert Erstdruck & AGA: Herz und Wünsche}] zu,
Macht alles [Leids{Schubert AGA: Leid}] gesunden!
About poem
Joseph Kenner war kein Dichter. Er war k.k.Stadthaltereirat und 41 Jahre als Beamter tätig. Allerdings fühlte er sich zur Kultur hingezogen und verfasste einige wunderbare Gedichte, die zwar nicht als gesammelte Werke in die Geschichte eingingen, aber in der Vertonung durch Franz Schubert unsterblich geworden sind.
Kenner zeichnete auch einige Landschaftsbilder, die heute als wichtige Quellen für Stadtgeschichte dienen, beispielsweise von Linz.1.1
Das Gedicht Der Liedler schrieb er am 1813 im Alter von 18 Jahren. Es trägt den Untertitel Romanze und wurde veröffentlich in Selam. Ein Almanach für Freunde des Mannigfaltigen, Herausgegeben von I(gnatz).F(ranz).Castelli, Vierter Jahrgang 1815, Wien, gedruckt und im Verlage bey Anton Strauß. S. 42ff.1.2
About music
Schubert und Kenner lernten sich im Konvikt kennen und wurden dort Freunde.
Insgesamt vertonte Schubert drei Gedichte von Kenner, wobei der hier vorgestellte Liedler zu den bekannteren und beliebteren Schubert-Liedern gehört, die auch heute noch auf Konzertprogrammen zu finden sind.
Source situation
Here you can find some informations about sources: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch
The publication procured 1825 Cappi und Comp. in Wien as Opus 38 | Publisher Number 110
Die Veröffentlichung besorgte als 38tes Werk. Cappi und Comp., VN 110, Wien
Scores
First edition
Sources
1.1 Biographisches Lexikon des Kaisertums Österreich - Elfter Teil (1864)
5.1Sheet music source @ imslp.org: Der Liedler
6.1Lyric source and other compositions: www.lieder.net
7.1Otto E. Deutsch: Schubert. Thematic Catalogue of all his works in chronological order - Page 139
Written by: Peter Schöne