Lob der Tränen

Zweite Fassung

D 711 Opus 13 - 2

Friedrich von Schlegel 1772 - 1829

Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Boris Cepeda - Klavier

Aufnahme: Dienstag, 15. Juli 2008 | Berlin

Liedtext

Laue Lüfte,
Blumendüfte,
Alle Lenz- und Jugendlust,
Frischer Lippen
Küsse nippen,
Sanft gewiegt an zarter Brust;
Dann der Trauben
Nektar rauben,
Reihentanz und Spiel und Scherz:
Was die Sinnen
Nur gewinnen:
Ach, erfüllt es je das Herz?

Wenn die feuchten
Augen leuchten
Von der Wehmut lindem Tau,
Dann entsiegelt,
Drin gespiegelt,
Sich dem Blick die Himmels-Au.
Wie erquicklich
Augenblicklich
Löscht es jede wilde Glut;
Wie vom Regen
Blumen pflegen,
Hebet sich der matte Mut.

Nicht mit süßen
Wasserflüßen
Zwang Prometheus unsern Leim.
Nein, mit Tränen;
Drum im Sehnen
Und im Schmerz sind wir daheim.
Bitter schwellen
Diese Quellen
Für den erdumfangnen Sinn,
Doch sie drängen
Aus den Engen
In das Meer der Liebe hin.

Ew'ges Sehnen
Floß in Tränen,
Und umgab die starre Welt,
Die in Armen
Sein Erbarmen
Immerdar umflutend hält.
Soll dein Wesen
Denn genesen,
Von dem Erdenstaube los,
Mußt im Weinen
Dich vereinen
Jener Wasser heil'gem Schooß.

Friedrich von Schlegel
Portrait aus "Meyer's Encyclopedia", 1906
Zeno.org - Public domain

Zum Text

1807 verfasste der 40jährige August Wilhelm Schlegel das vorliegende Gedicht. Es wurde zum ersten Mal 1808 unter dem Titel Lied in "Prometheus. Eine Zeitschrift." veröffentlicht. Diese Zeitschrift wurde von Leo von Seckendorf und Joseph Ludwig Stoll herausgegeben und im Jahr 1808 in 6 Heften in der Verlagsbuchhandlung Geistinger veröffentlicht. Es steht auf den Seiten 70ff. des zweiten Heftes.1.1

Zur Musik

Komponiert: April 1817
Veröffentlichung (angezeigt): 13. Dezember 1822
Originaltonart:  D - Dur
Liedform: Strophenlied
Aufnahmetonart:  C - Dur
Schuberts Wohnort 1817

Eine Reinschrift des Manuskripts der ersten Fassung ist in der Wiener Stadtbibliothek vorhanden und online verfügbar.
Auf diesem Manuskript befindet sich die Eintragung: "Spaun! Vergesse nicht auf Gahy und Rondeau".
Josef von Gahy war häufiger Gast und Duettpartner Franz Schuberts bei den Schubertiaden. Bei dem Rondeau könnte es sich um das vierhändige Rondo D 608 handelt. Dieses trägt in der 2. Fassung in der Erstausgabe das Motto "Notre amitié est invariable". Bei dieser Fassung sind die Stimmen der beiden Spielpartner am Schluss überkreuzt notiert.

Quellenlage

Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch

Ort des Manuskripts: Wienbibliothek im Rathaus der Stadt Wien

Die Veröffentlichung besorgte 1822 Cappi und Diabelli in Wien als Opus 13 - 2 | Verlagsnummer 1162

Die erste Fassung wurde erst 1979 in der Neuen Gesamtausgabe (NGA) veröffentlicht.

Otto Erich Deutsch vermutet, dass die vorliegende zweite Fassung des Liedes erst 1821 entstanden ist. Grund dafür sei eine Datierung in der Sammlung Witteczek-Spaun. Auch im Buch Franz Schubert von Heinrich Kreissle von Hellborn wird 1821 als Entstehungsjahr aufgeführt.

Zur Veröffentlichung

Deckblatt Opus 13 4.1
Deckblatt Wiener Zeitung 13. Dezember 1822 4.2

Noten

Alte Gesamtausgabe, Serie  XX, Bd. 05 № 294
Neue Schubert-Ausgabe  IV, Bd. 01
Friedlaender Edition  Bd. 1 » 187
Bärenreiter Urtext Edition  Bd. 1 » 80

Originalversion des Liedes PDF Thumbnail Erstdruck PDF Thumbnail
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