Der Jüngling und der Tod

Erste Fassung

D 545

Joseph von Spaun 1788 - 1865

Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Simon Jass - Tenor | Clara Hyerim Byun - Klavier

Aufnahme: Sonntag, 10. Juni 2018 | Hannover

Liedtext

Der Jüngling
 Die Sonne sinkt, o könnt' ich mit ihr scheiden!
 Mit ihrem letzten Strahl entfliehen!
 Ach diese namenlosen Qualen meiden
 Und weit in schön're Welten zieh'n.

 O komme, Tod, und löse diese Bande!
 Ich lächle dir, o Knochenmann,
 Entführe mich leicht in geträumte Lande,
 O komm' und rühre mich doch an.

Der Tod
 Es ruht sich kühl und sanft in meinem Armen,
 Du rufst! Ich will mich deiner Qual erbarmen.

Joseph von Spaun
Wikimedia.org - Public domain

Zum Text

Die Thematik Jüngling und Tod taucht in der Kunstgeschichte bereits in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts immer wieder auf. So gibt es Gemälde und Druckgrafiken aus dieser Zeit, die uns auch heute noch erhalten sind.
Beispiele hierfür findet man auf den Seiten der Albertina-Sammlung. Hier und hier.

Da also ein Bildungskonsens über dieses Motiv in kunstinteressierten Schichten herrschte, darf man davon ausgehen, dass Joseph von Spaun ähnlich wie Matthias Claudius im Text Der Tod und das Mädchen D531 keinesfalls ein subjektives Erlebnis schildern wollte, sondern sein Gedicht der sogenannten Reflexionslyrik zuzuordnen ist.

1808 lernen Joseph von Spaun und der mehr als 8 Jahre jüngere Franz Schubert sich im Konvikt kennen. Beide pflegen eine lebenslange Freundschaft in der Spaun Schubert auch immer wieder finanziell unterstützt. Das hier vorliegende Gedicht ist leider als Manuskript nicht erhalten.

Zur Musik

Komponiert: März 1817
Veröffentlichung (angezeigt): 1895
Originaltonart:  cis - moll
Liedform: durchkomponiert
Aufnahmetonart:  cis - moll
Schuberts Wohnort 1817

Schubert und Spaun lernten sich im Stadtkonvikt kennen. Sie verband eine lebenslange Freundschaft, die über den Tod Schuberts hinaus in das Leben von Joseph von Spaun reichte. Der Schubert betreffende Abschnitt aus Spauns Familienchronik wurde 1891 in Nr. 50 Signale für die musikalische Welt veröffentlicht. Darin heißt es:

Seine Freundschaft blieb mir immer treu, von ihm getrennt schrieb er mir sehr liebe Briefe und er dedicirte mir zwei seiner schönsten Compositionen. Seine Freundschaft und der häufige Genuß seiner schönen Lieder verschönerte mir mein Leben und verschönert es noch, da mich, obwohl ein ruhiger Greis geworden, auch jetzt noch seine Melodien zur Begeisterung hinreißen.

Sein letztes und schönstes Werk, die Winterreise, ein Cyclus herrlicher, aber düsterer Lieder, wohl die schönsten Lieder, die je in deutscher Sprache componirt wurden, griff ihn sehr an, da der Inhalt dieser Lieder ein sehr ergreifender ist und er diese Lieder nie so herrlich hätte componiren können, wenn er nicht tief davon ergriffen worden wäre.

Er schien einige Zeit etwas abgespannt, verfiel in einen heftigen Typhus und starb nach wenigen Tagen, erst 31 Jahre alt. Auf seinem Grabe stehen die wohl sehr bescheidenen Worte: ,Die Tonkunst verlor hier einen reichen Besitz und noch größere Hoffnungen.' *)

Im Verhältniß zu seinem kurzen Leben ist die Zahl seiner Werke unglaublich groß.

Meine Dankbarkeit für die Freundschaft dieses lieben guten Menschen und das, was ich durch ihn genossen, folgt ihm über sein frühes Grab und wird nie erlöschen.

 

Im Revisionsbericht der Alten Gesamtausgabe (AGA) findet man folgenden Eintrag zu dem Lied:

Nr. 312. Der Jüngling und der Tod.
Vorlagen. Zu Nr. 312a: Das Autograph im Besitze von A. Cranz in Wien.
Zu Nr. 312b: Die Abschrift bei Witteczek.
Bemerkung: Im Autograph ist die Partie des Todes gestrichen und ein Zeichen deutet auf die Aenderung, die Schubert auf ein anderes Blatt schrieb. Diese ist gewiss nur aus praktischen Rücksichten gemacht worden, damit das Lied auch von einer Stimme gut ausführbar sei. Denn wie es ursprünglich niedergeschrieben wurde, war das Stück für eine hohe und eine tiefe Stimme gedacht. Vergl. Nr. 332.

Wir haben uns entschieden, die beiden Rollen in der hier vorliegenden ersten Bearbeitung verteilt mit Tenor und Bariton zu singen.

*) Korrekt: "Der Tod begrub hier einen reichen Besitz, aber noch schönere Hoffnungen."

Quellenlage

Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch

Die Veröffentlichung besorgte 1895 Eusebius Mandyczewski in Alte Gesamtausgabe (Breitkopf&Härtel) in Leipzig | Verlagsnummer 628

Zur Veröffentlichung

Deckblatt Alte Gesamtausgabe 4.1

Noten

Alte Gesamtausgabe, Serie  XX, Bd. 05 № 312
Neue Schubert-Ausgabe  IV, Bd. 11

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