26.11.1828 - Kritik aus der Berliner Allgemeinen musikalischen Zeitung

In dem gegenwärtigen Winter wurden in den Abonnementskonzerten (in Leipzig Anm. d.Red.) Beethovens Symphonien, nach ihrer chronologischen Nüanzenfolge
zur Aufführung gebracht werden. Im ersten Konzerte wurde No. 1 ausgeführt, ein Werk, welches in seinem Inhalte noch nicht über die Gefühle herausgeht, welche in einem klaren melodischen Flusse sich abspiegeln; und darum sich noch ganz an Mozarts Werke anschliesst. Für die Nüanzirung des Vortrags müsste von unserm Orchester noch manches gethan werden können, um der Idde des Meisters zu genügen.

Am 20. Oktober gab Dem. Porthaler ein Konzert im Gewandhaussaale. Der Antheil, welchen sie sich durch ihr Talent, wie durch ihre liebenswürdige Persönlichkeit erworben hatte, zeigte sich sehr lebhaft in der Versammlung der Zuhörer; zuerst als sie das neueste Konzert von Kalkbrenner (No. 2 E-moll) eine ausserordentlich schwierige Komposition, welche sie hier erst einstudirt hatte, ziemlich überwältigte. Im ersten Allegro wechseln pikante mit gewöhnlichen Gedanken; die Sforzando's sind gehäuft; es fehlt an Ruhepunken für den Zuhörer. Der zweite Satz ist doch kein eigentliches Adagio; dergleichen wird aber heutzutage selten mehr geschrieben. Der dritte Satz ist ein Rondo über ein russisches Thema; wohl der beste Satz, und worin der Komponist am meisten in seiner Sphäre ist. Noch gefälliger aber, und doch auch glänzend, sind die Konzertvariationen von Pixis, welche die Konzertgeberin mit der anmuthigsten Rundung vortrug.

Mit einer dritten Leistung auf dem Pianoforte trat, Klara Wiek, die junge Tochter des einsichtsvollen Musiklehrers und Instrumentenkenners begleitet von unsrer Pianistin Dem. ReichoId zum erstenmale öffentlich auf. Sie führte mit letzterer die interessanten und trefflich gearbeiteten vierhändigen Variationen über den Favoritmarsch aus Rossinis Moses mit einer ungemeinen Bestimmtheit und Nettigkeit aus. Dem. Grabau unterstützte dieses Konzert durch den ausdrucksvollen Vortrag zweier schottischen Lieder von K. M. v. Weber zum Pianoforte und des hübschen Liedes von Franz Schubert “die Forelle,” dessen Pianofortebeleitung gar originell ist. Die Ouvertüre zu Onslows Kolporteur welche dieses Konzert eröffnete, ging noch nicht präzis zusammen. Im Anfange des Oktobers veranstaltete Herr Musikdirektor Theuss mehrere musikalische Abendunterhaltungen, in welchen die Schortmannschen sogenannten Aeolsklaviere (in Ouvertüren, Chorälen; Romanzen, Variationen u. s. w.) hören liess. Auch ein blinder Klarinettist, Busse, trat an demselben Ort auf.