Alinde. An die Laute. Zur guten Nacht. Gedichte von Fr. Rochlitz, in Musik gesetzt für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte von Franz Schubert. Werk 81. Wien bei Hasslinger.
Von Herrn Schubert ist man schon richtige Auffassung der Gedichte und meist originelle Behandlung derselben gewohnt; auch in diesen Liedern bewährt er sich als vorzüglichen Liederkomponisten. -
Das Lied: “Alinde," ist hinsichtlich des musikalischen Theiles sehr gut erfunden und dem Gedicht durchaus angemessen; die Steigerung bei dem oft wiederkehrenden Ausruf ”Alinde! Alinde!," beurkundet allein schon den kunstgeübten Meister.
Nr. 2. „An die Laute“ ist bei weitem schwächer als oben angezeigtes und das nachfolgende Lied: "Zur guten Nacht,“ das bestimmt ist von einem Kreis in Liebe verbundener Freunde zum Schluss einer Abendtafel gesungen zu werden, und allgemeine Anerkennung finden wird. Ein einziger Akkord bezeichnet die Tonart desselben und zugleich die Stunde zum Aufbruch, wie das Gedicht verlangte; denn es beginnt mit den Worten:
"Horcht auf! es schlägt die Stunde,
Die uns'rer Tafelrunde
Verkündigt: geh' jeder heim."
Der Dichter hat dem Komponisten überlassen, selbst eine Stunde zu bestimmen: welche er zum Schluss einer Abendmahlzeit für angemessen hält. Ein solches Verfahren ist sehr geschickt, die Neigungen Anderer zu erforschen. Ob der Dichter hier die Absicht gehabt hat, sei dahingestellt; genug, dass Herr Schubert uns verrathen hat, er sei dem langen Genuss der Tafelfreuden nicht abhold.
Der Wanderer an den Mond. Das Ziegenglöcklein. Im Freien. Gedichte von Seidl. In Musik gesetz für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. – von Franz Schubert. Werk 80. Wien bei Haslinger.
Trefflich ist im ersten Lied die Sehnsucht des Wanderes nach seiner entfernten Heimath durch die Tonart G-moll, und die stete Bewegung des Fortschreitens durch auf und absteigende Intervalle in Achteln ausgedrückt. Von ergreifender Wirkung ist der Eintritt des G-dur bei den Worten: “Du (der Mond) aber wanderst auf und ab.”
“Das Ziedenglöcklein” (sic!)ist so durchaus schön komponirt, dass wir es wohl würdig hielten, das Produkt eines Beethovens zu sein.
Das Lied: “Im Freien” gehört unter die Lieder des Herrn Schubert, von denen man mit Recht sagt: sie wären zu gut; da aber zu gut, nicht mehr gut ist; so können uns auch übertriebene Lieder, wie das hier angezeigte, nicht zufrieden stellen. Der Hauptfehler liegt in der dominirenden Begleitung des Pianoforte, die den Gesang zurük im Schatten drängt. Bei Gesangstücken wird dieses Verfahren stets getadelt; wie viel mehr aber ist es bei Liedern zu missbilligen, wo die Begleitung höchstens nur den Gesang unterstützend gebraucht werden darf.
- M. E.