1) L'incanto degli occhi; il traditor deluso; il modo di prender moglio. Drei Gedichte von Metastasio. In Musik gesetzt für eine Basstimme mit Begleitung des Pianoforte – von Fr. Schubert. 83s Werk. Wien bei Haslinger.
Die italienischen Tonsetzer sind gewöhnlich dann schon sehr zufrieden, wenn es ihnen gelungen ist, in ihrer Musik im allgemeinen den Hauptsinn des Textes wiedergegeben zu haben, obwohl das nicht immer und in allen Fällen ausreicht. Das Mangelhafte des deklamatorischen Ausdrucks zu verbessern und auszufüllen, bleibt daher fast immer dem Sänger überlassen. Die deutschen Komponisten haben zu ihren Sängern nicht so viel Zutrauen und verlieren sich deshalb oft zu sehr in dem ängstlichen Bestreben, jedem Worte seine besondere Deutung zu geben und diesen Ausdruck durch oft faustdicke Ausmalung im Akkompagnement noch mehr zu heben, so dass dadurch wieder sehr häufig die Haupt- und Grundfarbe des Ganzen verwischt wird. Es bleibt sonach bei beiden Gattungen zu wünschen übrig, bei der ersten immer noch etwas hinzu, bei der letztern oft etwas hinweg.
Kommt man aber gar in den Fall, eine Komposition in ital. Manier von einem Deutschen beurtheilen zu müssen, wie z. B. obige Gesänge von Schubert, so ist man in keiner geringen Verlegenheit, auf welche Seite man sich schlagen soll, um den Standpunkt für die Kritik zu finden, ob auf die deutsche oder auf die italienische. Auf jeder findet sich Stoff zu einigem Tadel. Als ital. Komponist hat Hr. S. zu wenig für den Gesang, und noch immer zu viel für das Akkomp. gethan. - Der Fluss seiner Melodieen ist zu zerrissen, zu schwerfällig, kein glühender Lavastrom, sondern nur ein etwas kaltes, murnielndes, nordisches Bächlein, dessen munteres Plätschern sogar oft durch wehmüthig - ernstes
Rauschen angränzender Eichwälder (Akkompagnement) übertönt wird. Kurz: ächte, leichtgeflügelte italienische Gesangsweisen, wie sie besonders die heutigen Italiener verlangen, sind es nicht.
Mehr dürften sich deutsche Sänger damit befreunden, obwohl der deutsche Kunstrichter bemerken muss, dass einer hübschen Kantilene wegen die Wahrheit des Ausdrucks zu oft aufgeopfert wird. Am meisten hat uns No. 2.: il traditor deluso, gefallen. No. 3.: il modo di prender moglie, ist zu sehr Nachahmung der ersten Arie des Rossinischen Barbiers, ohne ihr in Leichtigkeit, Gluth, Effekt, ja in Genialität nur nahe zu kommen. Mit diesen Gesängen ist es daher Hrn. Schubert noch nicht gelungen, eine wohl zu wünschende
Alliance zwischen deutscher und italienischer Musik zu Stande zu bringen. Die Ausstattung dieser Gesänge ist höchst gefällig und elegant.