Lied aus der Ferne

Zweite Fassung

D 107

Friedrich von Matthisson 1761 - 1831

Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Holger Berndsen - Klavier

Aufnahme: Montag, 15. August 2016 | München

Liedtext

Wenn, in des Abends letztem Scheine,
  Dir eine lächelnde Gestalt,
Am Rasensitz im Eichenhaine,
  Mit Wink und Gruß vorüberwallt:
Das ist des Freundes treuer Geist,
Der Freud' und Frieden dir verheißt.

Wenn in des Mondes Dämmerlichte
  Sich deiner Liebe Traum verschönt,
Durch Cytisus und Weymutsfichte
  Melodisches Gesäusel tönt,
Und Ahndung dir den Busen hebt:
Das ist mein Geist, der dich umschwebt.

Fühlst du, beim seligen Verlieren
  In des Vergangnen Zauberland,
Ein lindes, geistiges Berühren,
  Wie Zephyrs Kuß, an Lipp' und Hand,
Und wankt der Kerze flatternd Licht:
Das ist mein Geist, o zweifle nicht!

Hörst du, beim Silberglanz der Sterne,
  Leis' im verschwiegnen Kämmerlein,
Gleich Aeolsharfen aus der Ferne,
  Das Bundeswort: Auf ewig dein!
Dann schlummre sanft; es ist mein Geist,
Der Freud' und Frieden dir verheißt.

Gedichte 1811

Friedrich von Matthisson
Portrait von Christian Ferdinand Hartmann
Gleimhaus Halberstadt - CC BY-NC-SA

Zum Text

Im Erstdruck "Wann" statt "Wenn".

Cytisus = Ginster
Weymutsfichte = Weimutskiefer
Zephyr als Frühlingsbote
Äolsharfe

Im Buch von 1811 gibt es noch eine Erklärung zu den Aolsharfen:

Gleich Aeolsharfen aus der Ferne.
Die Aeolusharfe ist ein Saiteninstrument, das, gleich dem singenden Baum im arabischen Mährchen, dem Winde, ausgesetzt, für sich zu tönen anfängt. Die Töne gleichen dem sanft anschwellenden und nach und nach wieder dahinsterbenden Gesange entfernter Chöre, und überhaupt mehr einem harmonischen Gaukelspiel ätherischer Wesen, als einem Werke menschlicher Kunst.

Das Gedicht Lied aus der Ferne von Friedrich von Matthisson wurde veröffentlicht im Jahr 1794 in Musen-Almanach für 1794, herausgegeben von Joh. Heinr. Voß, Hamburg, bey C.E.Bohn. Es findet sich auf Seite 86.

Digitalisat online

Weitere Veröffentlichungen:

Gedichte von Friedrich von Matthisson. Erster Theil. Tübingen, bei Cotta, 1811, 1811, Seite 274f.

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Zur Musik

Komponiert: Juli 1814
Originaltonart:  E - Dur
Liedform: Strophenlied
Aufnahmetonart:  C - Dur
Schuberts Wohnort 1814

Im April 1814 begann Schubert eine ganze Reihe von Gedichten Matthissons zu vertonen. Fast alle Kompositionen stammen aus der Zeit zwischen 1814 und 1816. Am Ende werden es 32 Gedichte sein, die Schubert in Musik setzte, einige von ihnen mehrfach.

Das vorliegende Lied schrieb er 1814 im Alter von 17 Jahren.

Quellenlage

Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch

Noten

Neue Schubert-Ausgabe  IV, Bd. 07

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