Auf der Wellen Spiegel Schwimmt der Kahn. Alte Burgen ragen Himmelan; Tannenwälder rauschen [Geistergleich -]1.1 Und das Herz im Busen Wird uns weich.
Denn der Menschen Werke Sinken all'; Wo ist [Thurm und]1.2 Pforte, Wo der Wall, Wo sie selbst, die Starken? Erzgeschirmt, Die in Krieg und Jagden Hingestürmt.
Trauriges Gestrüppe Wuchert fort, Während frommer Sage Kraft verdorrt. Und im kleinen Kahne Wird uns bang - Wellen droh'n, wie Zeiten, Untergang.
Johann Mayrhofer veröffentlichte seine Gedichte 1824 bei der eher kleinen Verlagsbuchhandlung Friedrich Volke in Wien. Diese Veröffentlichung ist als Digitalisat in der Österreichischen Nationalbibliothek online studierbar. Das Gedicht findet sich auf den Seiten 18. 2.1
Mayrhofer war ein enger Freund Franz Schuberts und wohnte drei Jahre von 1819-1821 gemeinsam mit ihm in einer Wohngemeinschaft. Er schreibt am 23. Februar 1829 im Neuen Archiv für Geschichte, Staatenkunde, Literatur und Kunst in seinen Erinnerungen an Franz Schubert:
"Mein Verhältniß mit Franz Schubert wurde dadurch eingeleitet, daß ihm ein Jugendfreund das Gedicht „am See" – es ist das vierte in dem bei Volke 1824 erschienenen Bändchen – zur Komposition übergab. An des Freundes Hand betrat 1814 Schubert das Zimmer, welches wir 5 Jahre später gemeinsam bewohnen sollten. Es befindet sich in der Wipplingerstraße (heute Nr.2). (...) Dieses Grundgefühl, und die Liebe für Dichtung und Tonkunſt machten unser Verhältniß inniger; ich dichtete,er komponierte, was ich gedichtet, und wovon Vieles seinen Melodien Entstehung, Fortbildung und Verbreitung verdankt." 3.1
Dieser engen Beziehung verdanken wir 47 Gedichtvertonungen durch Schubert.
Franz Schubert war 20 Jahre alt, als er dieses Lied schrieb.
In der Leipziger "Allgemeinen musikalischen Zeitung" vom 24. Juni 1824 erscheint eine Rezension der Lieder op. 21 - op. 24. Diese Rezension ist als Digitalisat ist im Münchener Digitalisierungszentrum der Bayerischen Staatsbibliothek online verfügbar. Der Rezensent Gottfried Wilhelm Fink bemerkt, daß Schubert keine Lieder schreibt und auch keine schreiben will, sondern freie Gesänge, manche so frei, daß man sie allenfalls Kapricen oder Phantasien nennen kann. Er bemängelt bei Schubert die
ungebührlich heftige Neigung, nur immer fort und fort, ruh- und rastlos zu modulieren und wieder zu modulieren, die eine wahre Krankheit der Zeit und bald zur Modulationsmanie geworden ist. 3.2
Er führt dies an einigen Beispielen in op. 21, 22 und 23 aus und spart dabei auch nicht mit Verbesserungsvorschlägen.
Zur Veröffentlichung
Zur Quellenlage (Manuskripte etc.) kann man sich im thematischen Verzeichnis von O.E.Deutsch informieren.
Die Erst-Veröffentlichung besorgte Sauer & Leidesdorf als op. 21: 4.1
Für eine Baßstimme mit Begleitung des Pianoforte in Musick gesetzt und dem Verfasser der Gedichte gewidmet von seinem Freunde Franz Schubert.
Aus der amtlichen "Wiener Zeitung" vom 19. Juni 1823 4.2
In der k. k. privel. Kunst-, Alabsater- und Musikalienhandlung von Sauer und Leidesdorf in Wien, Kärntnerstraße Nr. 941, ist so eben neu erschienen:
Auf der Donau.Der Schiffer. Wie Ulfru fischt. Gedichte von J. Mayrhofer In Musik gesetzt für eine Baßstimme, mit Begleitung des Pianoforte von Franz Schubert. 21tes Werk. Preis 1 fl. 30 kr W. W.