Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Christoph Schnackertz - Klavier
Aufnahme: Freitag, 18. April 2025 | Saarbrücken
Liedtext
O wie dringt das junge Leben
Kräftig mir durch Sinn und Herz!
Alles fühl' ich glühn und streben,
Fühle doppelt Lust und Schmerz.
Fruchtlos such' ich euch zu halten,
Geister meiner regen Brust;
Nach Gefallen mögt ihr walten,
Sey's zum Leide, sey's zur Lust.
Lodre nur, gewalt'ge Liebe,
Höher lodre nur empor!
Brecht, ihr vollen Blüthentriebe,
Mächtig schwellend nur hervor!
Mag das Herz sich blutig färben,
Mag's vergehn in rascher Pein;
Lieber will ich ganz verderben
Als nur halb lebendig seyn.
Dieses Zagen, dieses Sehnen,
Das die Brust vergeblich schwellt,
Diese Seufzer, diese Thränen,
Die der Stolz gefangen hält,
Dieses schmerzlich eitle Ringen,
Dieses Kämpfen ohne Kraft,
Ohne Hoffnung und Vollbringen,
Hat mein bestes Mark erschlafft.
Lieber wecke rasch und muthig,
Schlachtruf, den entschlaf'nen Sinn!
Lange träumt' ich, lange ruht' ich,
Gab der Kette lang mich hin;
Hier ist Hölle nicht, noch Himmel,
Weder Frost ist hier, noch Gluth!
Auf in's feindliche Getümmel,
Rüstig weiter durch die Fluth!
Daß noch einmal Wunsch und Wagen,
Zorn und Liebe, Wohl und Weh
Ihre Wellen um mich schlagen
Auf des Lebens wilder See;
Und ich kühn im tapfern Streite
Mit dem Strom, der mich entrafft,
Selber meinen Nachen leite,
Freudig in geprüfter Kraft.
Zum Text
Die von Schubert vertonten Gedichte von Ernst Schulze stammen aus dem Poetischem Tagebuch, des Dichters, das er vom 29. Juni 1813 bis zum 17. Februar 1817 führte.
Das vorliegende Gedicht wurde 1819 unter dem Titel Am 1sten April 1815 in Ernst Schulze's sämmtliche poetische Schriften Band 3 bei Brockhaus Leipzig veröffentlicht. S. 100f.
Die von Schubert verwendete Ausgabe dürfte die Neue Ausgabe dieser Bände Sämmtliche poetische Werke von Ernst Schulze aus dem Jahr 1822 sein. Dort findet sich das Gedicht auf S. 101f.
Schulze veröffentlichte 1818 sein Versepos Die bezauberte Rose, welches ihn schnell in den Kreisen der Romantiker bekannt machte. Auch Schubert und seine Freunde lasen es und Schubert, der mit dem Gedanken spielte, aus der bezauberten Rose eine Oper zu machen, bat Bauernfeld um ein Libretto.1.1
Franz von Schober ließ sich möglicherweise von der 41. Stanze dieses Werkes zu seinem Gedicht An die Musik inspirieren. Die Verse von Schulze lauten:
Du holde Kunst melodisch süßer Klagen,
Du tönend Lied aus sprachlos finsterm Leid,
Du spielend Kind, das oft aus schönern Tagen
In unsre Nacht so duft'ge Blumen streut,
Ach, ohne dich vermöcht' ich nie zu tragen,
Was feindlich längst mein böser Stern mir beut!
Wenn Wort und Sinn in Liebe freundlich klingen,
Dann flattert leicht der schwere Gram auf Schwingen.
Ein Manuskript des Textes liegt in der Wienbibliothek im Rathaus.
Zur Musik
Schubert vertonte neun Gedichte von Ernst Schulze. Ein weiteres blieb lediglich Fragment.
Die Titel für seine Lieder wählte Schubert selbst.
(Die Originaltitel der Gedichte stehen in Klammern)
Der liebliche Stern D 861 (Am 28sten April 1814)
Im Walde D 834 (Im Walde hinter Falkenhagen. Den 22sten Julius 1814)
Auf der Bruck D 853 (Auf der Bruck. Den 25sten Julius 1814)
Um Mitternacht D 862 (Am 5ten März 1815, Nachts um 12 Uhr)
Im Frühling D 882 (Am 31sten März 1815)
Lebensmut D 883 (Am 1ten Aprill 1815)
An mein Herz D 860 (Am 23sten Januar 1816)
Über Wildemann D 884 (Ueber Wildemann, einem Bergstädtchen am Harz. Den 28sten April 1816)
Tiefes Leid, auch Im Januar 1817 D 876 (Am 17ten Januar 1817)
Quellenlage
Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch
Die Veröffentlichung besorgte 1832 A. Diabelli & Co. in Wien als Nachlass - 17 | Verlagsnummer 4017
Noten
Originalversion des Liedes


Quellen
1.1 Karl Kobald: Schubert und Schwind - Ein Wiener Biedermeierbuch, S. 207
5.1Noten-Quelle auf imslp.org o.ä.: Lebensmut
6.1Textquelle und alternative Kompositionen: www.lieder.net
Geschrieben von: Peter Schöne