Der Kampf

D 594 Opus 110

Friedrich von Schiller 1759 - 1805

Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Holger Berndsen - Klavier

Aufnahme: Montag, 25. März 2024 | Saarbrücken

Liedtext

Nein, länger werd' ich diesen Kampf nicht kämpfen,
Den Riesenkampf der Pflicht.
Kannst du des Herzens Flammentrieb nicht dämpfen,
So {S}fodre{S fordre}, Tugend, dieses Opfer nicht.

Geschworen hab' ich's, ja ich hab's geschworen,
Mich selbst zu bändigen.
Hier ist dein Kranz, er sey auf ewig mir verloren,
Nimm ihn zurück und laß mich sündigen.

Zerrissen sey, was wir bedungen haben,
Sie liebt mich – deine Krone sey verscherzt.
Glückselig, wer in Wonnetrunkenheit begraben,
So leicht wie ich den tiefen Fall verschmerzt.

Sie sieht den Wurm an meiner Jugend Blume nagen
Und meinen Lenz entflohn,
Bewundert still mein heldenmüthiges Entsagen
Und großmuthsvoll beschließt sie meinen Lohn.

Mistraue, schöne Seele, dieser Engelgüte,
Dein Mitleid waffnet zum Verbrechen mich.
Giebt's in des Lebens unermeßlichem Gebiete
Giebt's einen andern schönern Lohn als dich?

Als das Verbrechen, das ich ewig fliehen wollte?
Tyrannisches Geschick!
Der einz'ge Lohn, der meine Tugend krönen sollte,
Ist meiner Tugend letzter Augenblick!

Friedrich von Schiller
Ölgemälde ca. 1794 Ludovike Simanowiz
Wikimedia.org - Public domain

Zum Text

Schiller veröffentlichte sein 1784 verfasstes Gedicht Der Kampf zum ersten Mal 1787 als wesentlich umfangreicheres Gedicht mit dem Titel Freigeisterei der Leidenschaft und dem Untertitel Als Laura vermählt war im Jahr 1782 im von ihm selbst herausgegebenen Buch Thalia im zweiten Heft.

Er schreibt darunter:

Ich habe umso weniger Anstand genommen, die zwey folgenden Gedichte, hier aufzunehmen, da ich von jedem Leser erwarten kann, er werde so billig seyn, eine Aufwallung der Leidenschaft nicht für ein philosophisches Sistem und die Verzweiflung eines erdichteten Liebhabers nicht für das Glaubensbekenntnis des Dichters anzusehen. Widrigenfalls möchte es übel um den dramatischen Dichter aussehen, dessen Intrigue selten ohne einen Bösewicht fortgeführt werden kann: und Milton und Klopstock müßten um so schlechtere Menschen seyn, je besser ihnen ihre Teufel glückten.

Schubert fand das Gedicht vielleicht 1816 in einem Band mit Schillers Gedichten.

Das Gedicht Der Kampf von Friedrich von Schiller wurde veröffentlicht im Jahr 1787 in Thalia. Herausgegeben von Schiller. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. ­ Leipzig, bey Georg Joachim Göschen. Es findet sich auf Seite 59ff..

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Weitere Veröffentlichungen:

Friedrich von Schiller’s Gedichte. Erster Theil. (Mit des Dichters Biographie.) Wien, 1816. Bey Chr. Kaulfuß und C. Armbruster. Gedruckt bey Anton Strauß., 1816, Seite 126f.

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Gedichte von Friederich Schiller. Erster Theil. Leipzig. bey Siegfried Lebrecht ­ Crusius., 1800, Seite 279f.

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Zur Musik

Komponiert: November 1817
Veröffentlichung (angezeigt): Januar 1829
Originaltonart:  d - moll
Liedform: mehrteiliges Lied
Aufnahmetonart:  d - moll
Schuberts Wohnort 1817

Schubert und Schiller sind sich nie begegnet, denn Schubert war erst 8 Jahre und 3 Monate alt, als Schiller starb. Dennoch prägten die Ideale Schillers auf vielfältige Weise Schuberts Entwicklung zu einem genialen Tonsetzer und inspirierten ihn immer wieder zu Vertonungen.
Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass Schubert fast 40 Texte von Schiller in Musik fasste. Dazu zählen die ersten uns bekannten Vertonungen ebenso wie einige der letzten, die er schrieb.
Zählt man alle Fragmente und Entwürfe zusammen, die heute laut Deutschverzeichnis bekannt sind, so kommt man auf nicht weniger als 77 Werke, die uns vorliegen. Die meisten entstanden in der Jugend Schuberts. Allein 66 Kompositionen in der Zeit zwischen 1811 und 1817. In dieser Zeit war Schubert zwischen 14 und 20 Jahre alt. Darunter finden sich so herrliche Stücke wie Gruppe aus dem Tartarus, Der Taucher, Sehnsucht, Die Götter Griechenlands oder Der Pilgrim.

Schubert schrieb am  31. März 1824 einen Brief an Leopold Kupelwieser, der zu dieser Zeit eine Reise nach Italien unternahm. Vielleicht entspringt das folgende Zitat aus diesem Brief der frühen Begeisterung Schuberts und seines Freundeskreises für Schillers Ideen zu ästhetischen Erziehung des Menschen.

Eine Schönheit soll den Menschen durch das ganze Leben begeistern – wahr ist es – doch soll der Schimmer dieser Begeisterung alles andere erhellen. 2.1

Die vorliegende Vertonung schrieb Schubert im Alter von 20 Jahren. Die erste Aufführung des Liedes fand am 6. Dez. 1827, Musikverein, Wien statt. Gesungen wurde es von dem Bassisten Johann Karl Schoberlechner, der auch einige Lieder der Winterreise in Wien uraufführte.

Quellenlage

Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch

Die Veröffentlichung besorgte 1829 Josef Czerny in Wien als Opus 110 | Verlagsnummer 334

Zur Veröffentlichung

Deckblatt Opus 110 4.1

Noten

Alte Gesamtausgabe, Serie  XX, Bd. 05 № 333
Neue Schubert-Ausgabe  IV, Bd. 13
Friedlaender Edition  Bd. VI » 164

Originalversion des Liedes PDF Thumbnail Erstdruck PDF Thumbnail
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