Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Alexander Fleischer - Klavier
Aufnahme: Montag, 22. Juni 2020 | Hirschberg

Diese Aufnahme ist Stefan Henke und seiner Familie gewidmet.
Sie entstand relativ spontan im Jahr 2020.
Wir haben darauf verzichtet, das Lied in eine bequeme Lage für den Sänger zu transponieren, damit das Horn besser zum Glänzen kommt
Nur ein Jahr später im Sommer 2021 verstarb Stefan Henke plötzlich. Er hatte keine Gelegenheit mehr, den Glanz der letzten Töne zu hören, die er auf dem Horn gespielt hatte.
Wir sind trotzdem sehr glücklich, dass diese Aufnahme dokumentiert, was er auf dem Horn zu zaubern vermochte.
Liedtext
Nimm die letzten Abschiedsküsse,
Und die wehenden, die Grüße,
Die ich noch ans Ufer sende
Eh dein Fuß sich scheidend wende!
Schon wird von des Stromes Wogen
Rasch der Nachen fortgezogen,
Doch den [thränendunklen{Rellstab (Mitternachtblatt): "thränend dunklen"}] Blick
Zieht die Sehnsucht stets zurück!
Und so trägt mich denn die Welle
Fort mit unerflehter Schnelle.
Ach, schon ist die Flur verschwunden
Wo ich selig Sie gefunden!
Ewig hin ihr Wonnetage!
Hoffnungsleer verhallt die Klage
Um das schöne Heimathland,
Wo ich ihre Liebe fand.
Sieh, wie flieht der Strand vorüber,
Und wie drängt es mich hinüber,
Zieht mit unnennbaren Banden,
An der Hütte dort zu landen,
In der Laube dort zu weilen. –
Doch des Stromes Wellen eilen
Weiter ohne Rast und Ruh,
Führen mich dem Weltmeer zu!
Ach, vor jener dunklen Wüste,
Fern von jeder heitern Küste,
Wo kein Eiland zu erschauen,
O wie faßt mich zitternd Grauen!
Wehmuthsthränen sanft zu bringen,
Kann kein Lied vom Ufer dringen;
Nur der Sturm weht kalt daher
Durch das Grau gehob'ne Meer!
Kann des Auges sehnend Schweifen
Keine Ufer mehr ergreifen, –
Nun so [blick{Schubert: schau}] ich zu den Sternen
[Dort{Schubert: Auf}] in jenen heil'gen Fernen!
Ach bei ihrem milden Scheine
Nannt' ich sie zuerst die Meine;
Dort vielleicht, o tröstend Glück!
Dort begegn' ich ihrem Blick.
Zum Text
Ludwig Rellstab weilte im Frühjahr 1825 in Wien, um Beethoven kennenzulernen. Er legte ihm auch seine Gedichte zur Vertonung vor.
Das Gedicht Auf dem Strom von Heinrich Friedrich Ludwig Rellstab wurde veröffentlicht im Jahr 1826 in Mitternachtblatt für gebildete Stände verlegt von Friedrich Vieweg in Braunschweig, 2. August 1826. Es findet sich auf Seite 368.
Weitere Veröffentlichungen:
Gedichte von Ludwig Rellstab. Erstes Bändchen. Berlin. Bei Friedrich Laue. 1827., 1827, Seite 120
Zur Musik
Rellstab und Schubert sind sich nicht begegnet, aber Rellstab schildert in seinen Memoiren Aus meinem Leben Band 2 auf S. 245, wie seine Gedichte in Schuberts Hände gelangten:
Diese Blättchen [die er Beethoven eigenhändig in dessen Wohnung in Wien brachte - Anm. d. Verf.] sind nicht verloren gegangen; Herr Professor Schindler hat sie mir vor Jahren aus Beethoven's Nachlaß zurück gestellt. Einige waren mit Bleistiftzeichen versehen, von Beethoven's eigener Hand; es waren diejenigen, welche ihm am besten gefielen, und die er damals an Schubert zur Composition gegeben, weil er selbst sich zu unwohl fühlte. In dessen Gesangscompositionen finden sie sich auch, und einige davon sind ganz allgemein bekannt geworden. Mit Rührung empfing ich die Blättchen zurück, die einen so eigenthümlichen, aber der Kunst fruchtbar gewordenen Weg gemacht hatten, bis sie wieder zu mir zurückkehrten. 2.1
10 Gedichte von Rellstab hat Schubert vertont. Alle kurz vor Ende seines viel zu kurzen Lebens.
Das Lied wurde in Schuberts einzigem öffentlichen Konzert zu seinen Lebzeiten am 26. März 1828 (am ersten Jahrestag des Todes von Beethoven) aufgeführt. Kurze Zeit später starb Schubert selbst.
Programmzettel
Einladung
zu dem Privat-Concerte, welches Franz Schubert am 26. März, Abends 7 Uhr im Locale des österreich. Musikvereins unter den Tuchlauben Nr. 558 zu geben die Ehre haben wird.
Vorkommende Stücke.
1. Erster Satz eines neuen Streich-Quartetts, vorgetragen von den Herren Böhm, Holz, Weiss und Linke.
2.
a. Der Kreutzzug von Leitner
b. Die Sterne von demselben
c. Der Wanderer a. d. Mond v. Seidl
d. Fragment aus dem Aeschylus
Gesänge mit Begleitung des Piano Forte, vorgetragen von Herrn Vogl, k. k. pensionirten Hofopernsänger.
3. Ständchen von Grillparzer, Sopran-Solo und Chor, vorgetr. v. Fräulein Josephine Fröhlich und den Schülerinnen des Conservatoriums.
4. Neues Trio für das Piano Forte, Violin und Violuncell, vorgetragen von den Herren Carl Maria von Boklet, Böhm und Linke.
5. Auf dem Strome von Rellstab, Gesang mit Begleitung des Horns und Piano Forte, vorgetragen von den Herren Tietze und Lewy dem Jüngeren.
6. Die Allmacht, von Ladislaus Pyrker, Gesang mit Begleitung des Piano Forte, vorgetragen von Herrn Vogl.
7. Schlachtgesang von Klopstock, Doppelchor für Männerstimmen.
Sämmtliche Musikstücke sind von der Composition des Concertgebers
Eintrittskarten zu fl. 3 W. W. sind in den Kunsthandlungen der Herren Haslinger, Diabelli und Leidesdorf zu haben.
Bauernfeld vermerkt dazu in seinen Memoiren:
Der Saal war vollgepfropft, jedes einzelne Stück wurde mit Beifall überschüttet, der Compositeur unzählige-male hervorgerufen.
Das Concert warf einen Reinertrag von beinahe achthundert Gulden (Wiener Währung) ab – was damals für eine Summe galt! Die Hauptsache aber : Schubert hatte fein Publicum gefunden und war mit dem frischesten Muthe erfüllt!
Das Concert hatte am 26. März 1828 stattgefunden.
Merkwürdig genug!
Das Jahr vorher, an demselben Tage, war Beethoven gestorben.2.2
Quellenlage
Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch
Ort des Manuskripts: Houghton Library, Harvard University
Die Veröffentlichung besorgte 1829 M.J.Leidesdorf in Wien als Opus 119 | Verlagsnummer 1161
Noten
Originalversion des Liedes


Quellen
5.1Noten-Quelle auf imslp.org o.ä.: Auf dem Strom
6.1Textquelle und alternative Kompositionen: www.lieder.net
Geschrieben von: Peter Schöne