Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Boris Cepeda - Klavier
Aufnahme: Mittwoch, 04. Februar 2009 | Erfurt
Liedtext
Ihr lieben Mauern, [sanft{Schubert: hold}] und traut,
Die ihr mich kühl umschließt,
Und [silberglänzig{Schubert: silberglänzend}] niederschaut,
[Wann{Schubert:Wenn}] droben Vollmond ist:
Ihr saht mich einst so traurig da,
Mein Haupt auf schlaffer Hand, –
Als ich in mir allein mich sah,
Und keiner mich verstand.
Jetzt brach ein ander Licht heran:
Die Trauerzeit ist um:
Und manche ziehn mit mir die Bahn
Durch's Lebensheiligthum.
Sie raubt der Zufall ewig nie
Aus meinem treuen Sinn:
In tiefster Seele trag' ich sie, –
Da reicht kein Zufall hin.
Du Mauer wähnst mich trüb', wie einst
Das ist die stille Freud';
Wenn du vom Mondlicht wiederscheinst,
Wird mir die Brust so weit.
An jedem Fenster wähn' ich, dann
Ein Freundeshaupt, gesenkt,
Das auch so schaut zum Himmel an,
[Und{Schubert: Das}] auch so meiner denkt.
Lieder der Nacht. 1826
Zum Text
Im Zusammenhang mit dem Namen Seidl muss der Name Ludlamshöhle fallen. Unter den Mitgliedern dieser "Unsinnsgesellschaft" finden sich, was nicht weiter verwundert, etliche Persönlichkeiten, die ebenfalls dem Freundeskreis angehörten, der sich um Franz Schubert bildete.1.1
Johann Gabriel Seidl trug den Ludlamsnamen – Zweipfiff, der Sizilianer
(wobei Zweippfiff sich auf die in Wien übliche Verwendung des Namens Seidel als Volumenmaß für Getränke bezieht, der Beiname Sizilianer wohl auf die von Seidl in der Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode ab 1823 veröffentlichten Sicilianen)
Das Gedicht Am Fenster von Johann Gabriel Seidl wurde veröffentlicht im Jahr 1826 in Lieder der Nacht. Elegien aus Alfons von Lamartine. Die Deutung. Von Johann Gabriel Seidl. Es findet sich auf Seite 5f..
Zur Musik
Schubert und Seidl sind sich ab 1824 mehrfach begegnet. 1826 hatte Schubert einige Gedichte Seidls vertont, doch am 4. August 1828 schrieb er an den Dichter (der ihm offenbar weitere Gedichte zur Vertonung hatte zukommen lassen):
"Geehrtester H. Gabriel! Beiliegend sende ich Ihnen diese Gedichte zurück, an welchen ich durchaus nichts Dichterisches noch für Musik Brauchbares entdecken konnte."
Trotz alledem vertonte Schubert auch noch 1828 einige Gedichte Seidls und auch das letzte von ihm komponierte Lied Die Taubenpost D 965A stammt von diesem Dichter.
Insgesamt vertonte insgesamt 15 Gedichte von Seidl. 11 davon sind Lieder für eine Singstimme mit Klavierbegleitung:
Die Unterscheidung D 866
Bei dir allein D 866
Die Männer sind méchant D 866
Irdisches Glück D 866
Wiegenlied D 867
Der Wanderer an den Mond D 870
Das Zügenglöcklein D 871
Am Fenster D 878
Sehnsucht D 879
Im Freien D 880
Die Taubenpost D 965A
Quellenlage
Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch
Ort des Manuskripts: Library of Congress
Die Veröffentlichung besorgte 1828 Josef Cerny in Wien als Opus 105 - 3 | Verlagsnummer 329
Die Lieder erschienen am Tage von Schuberts Begräbnisses auf dem Währinger Friedhof.
Noten
Originalversion des Liedes


Quellen
1.1Die Ludlamshöhle - Artikel auf Wikipedia.de
5.1Noten-Quelle auf imslp.org o.ä.: Am Fenster
6.1Textquelle und alternative Kompositionen: www.lieder.net
Geschrieben von: Peter Schöne