Liedtext
heutige Schreibweise
Auf seinem goldnen Trone
Der graue König sitzt -
[Er]1 starret in die Sonne,
Die rot [im]2 Westen blitzt.
Der [Sänger]3 rührt die Harfe,
Sie rauschet Siegessang;
Der Ernst jedoch, der scharfe,
Er trotzt dem vollen Klang.
Nun stimmt er süße Weisen,
An's Herz sich klammernd an:
Ob er ihn nicht mit leisen
Versuchen mildern kann.
[Vergeblich]4 ist sein Mühen,
Erschöpft des Liedes Reich -
Und auf der Stirne ziehen
Die Sorgen [wettergleich]5.
Der Barde, tief erbittert,
Schlägt [seine]6 Harf' entzwey,
Und durch die [Halle]7 zittert
Der Silbersaiten Schrei.
[Doch]8 wie auch Alle beben,
Der Herrscher zürnet nicht;
Der Gnade Strahlen schweben
Auf seinem Angesicht.
»Du wolle mich nicht zeihen
Der Unempfindlichkeit:
In lang verblühten Maien
Wie hast du mich erfreut!
Wie jede Lust gesteigert,
Die aus der Urne fiel!
Was mir ein Gott [verweigert]9,
Erstattete dein Spiel.
Vom kalten Herzen gleitet
[Nun]10 Liedeszauber ab;
Und immer näher [schreitet]11
Vergänglichkeit und Grab.«
1 Schubert (erste Bearbeitung): "Und"
2 Schubert: "in"
3 Schubert (erste Bearbeitung): "Barde"
4 Schubert (erste Bearbeitung): "Vergebens"
5 Schubert (Autograph der zweiten Bearbeitung): "wetterschwer"
6 Schubert (zweite Bearbeitung): "die"
7 Schubert: "Lüfte"
8 Schubert: "Und"
9 Schubert (Autograph der zweiten Bearbeitung): "geweigert"
10 Schubert (zweite Bearbeitung): "Dein"
11 Schubert (zweite Bearbeitung): "schreitet nun"
Zum Text
Johann Mayrhofer veröffentlichte seine Gedichte 1824 bei der eher kleinen Verlagsbuchhandlung Friedrich Volke in Wien. Diese Veröffentlichung ist als Digitalisat in der Österreichischen Nationalbibliothek online studierbar. Das Gedicht findet sich auf Seite 40ff. 12
Auf der Seite lieder.net ist nachzulesen, dass Schubert die Gedichte Mayrhofer's üblicherweise als Handschrift erhielt. Dadurch erklären sich auch die vielen Änderungen zur Druckversion des Textes.

Johann Mayrhofer