Liedtext
Der Frost hat mir bereifet des Hauses Dach;
Doch warm ist mir's geblieben im Wohngemach.
Der Winter hat die Scheitel mir weiß gedeckt;
Doch fließt das Blut, das rote, durchs Herzgemach.
Der Jugendflor der Wangen, die Rosen sind
Gegangen, all gegangen einander nach -
Wo sind sie hingegangen? ins Herz hinab:
Da blühn sie nach Verlangen, wie vor so nach.
Sind alle Freudenströme der Welt versiegt?
Noch fließt mir durch den Busen ein stiller Bach.
Sind alle Nachtigallen der Flur verstummt?
Noch ist bei mir im Stillen hier eine wach.
Sie singet: "Herr des Hauses! verschleuß dein Tor,
Daß nicht die Welt, die kalte, dring ins Gemach.
Schleuß aus den rauhen Odem der Wirklichkeit,
Und nur dem Duft der Träume gib Dach und Fach!"
Der Frost hat mir bereifet
Des Hauses Dach;
Doch warm ist mir's geblieben
Im Wohngemach.
Der Winter hat die Scheitel
Mir weiß gedeckt;
Doch fließt das Blut, das rothe,
Durchs Herzgemach.
Der Jugendflor der Wangen,
Die Rosen sind
Gegangen, all' gegangen
einander nach.
Wo sind sie hingegangen?
In's Herz hinab:
Da blühn sie nach Verlangen,
Wie vor so nach.
Sind alle Freudenströme
Der Welt versiegt?
Noch fließt mir durch den Busen
Ein stiller Bach.
Sind alle Nachtigallen
Der Flur verstummt?
Noch ist bei mir im Stillen
Hier eine wach.
Sie singet: Herr des Hauses!
Verschleuß dein Tor,
Daß nicht die Welt, die kalte,
Dring in's Gemach.
Schleuß aus den rauhen Odem
Der Wirklichkeit,
Und nur dem Duft der Träume
Gib Dach und Fach!
Ich habe Wein und Rosen
In jedem Lied,
Und habe solche Lieder
Noch tausendfach.
Vom Abend bis zum Morgen
Und Nächte durch
Will ich dir singen Jugend
Und Liebesach.
Der Frost hat mir bereifet
Des Hauses Dach;
Doch warm ists mir geblieben
Im Wohngemach.
Der Winter hat die Scheitel
Mir weiß gedeckt;
Doch fließt das Blut, das rothe,
Durchs Herzgemach.
Der Jugendflor der Wangen,
Die Rosen sind
Gegangen, all' gegangen
einander nach.
Wo sind sie hingegangen?
In's Herz hinab:
Da blüh'n sie nach Verlangen,
Wie vor so nach.
Sind alle Freudenströme
Der Welt versiegt?
Noch fließt mir durch den Busen
Ein stiller Bach.
Sind alle Nachtigallen
Der Flur verstummt?
Noch ist bei mir im Stillen
Hier eine wach.
Sie singet: Herr des Hauses!
Verschleuß dein Tor
Daß nicht die Welt, die Alte,
Dring in's Gemach.
Schleuß aus den rauhen Odem
Der Wirklichkeit,
Und nur dem Duft der Träume
Gib Dach und Fach!"
Zum Text
Wie man dem 1837 erschienenen Vierten Band der Gesammelten Gedichte Friedrich Rückerts entnehmen kann, schrieb der Dichter sein Gedicht Vom künftigen Alter in der Zeit zwischen 1819 und 1820. Es erschien jedoch zuerst 1822 zunächst ohne Titel in der Gedichtsammlung Östliche Rosen. Rückert veröffentlichte seine Östlichen Rosen mit dem Hinweis "zu Goethes west-östlichem Diwan." Er nimmt darin direkten Bezug auf die nur 3 Jahre zuvor von dem 39 Jahre Älteren veröffentlichte Sammlung. Das vorliegende Gedicht findet sich auf Seite 125.
Diese Textvorlage muss Franz Schubert bei der Auswahl der Texte zu seinen Liedern D 741, D 775, D 776, D 777, D 778 und D 778A gedient haben. Otto Erich Deutsch vermutet, dass Schubert die Titel seiner Lieder selbst gewählt hat.

Östliche Rosen 1822