Liedtext
heutige Schreibweise
Mir ist so wohl, so weh
Am stillen Erlafsee.
Heilig Schweigen
In Fichtenzweigen.
Regungslos
Der [dunkle]1.1 Schoß;
Nur der Wolken Schatten flieh'n
[Überm glatten]1.2 Spiegel hin.
Feenbild, was willst du mir,
So [umschwebst]1.3 du mich auch hier?
Weiche aus dem Land der Hirten.
Hier gedeihen keine Myrthen;
Schilfgras nur und Tannenwucht
Kränzen diese stille Bucht.
Frische Winde
Kräuseln linde
Das Gewässer;
Und der Sonne
[Güldne]1.4 Krone
Flimmert blässer.
Ach, weine nicht, du süßes Bild!
Der Wellendrang ist bald gestillt,
Und glatter See, und Lüfte lau,
Erheitern dich, du Wunderfrau.
Des Sees Rand
Umschlingt ein Band,
Aus [lichtem]1.5 Grün gewunden:
[Es ist der Fluß,
der]1.6 treiben muß
Die Sägemühlen unten.
Unwillig krümmt er sich am Steg
Von seiner schönen Mutter weg,
Und fließt zu fernen Gründen.
Wirst, Liebe! auch mit [holder]1.7 Hand,
Des Sängers ernstes Felsenland,
Mit Blüthenrot umwinden?
1.1 Schubert & Mayrhofer (1818): "blaue"
1.2 Schubert: "Überm dunklen"; Mayrhofer (1818): "Über'n glatten"
1.3 Mayrhofer (1818): "umspinnst"
1.4 Mayrhofer (1818): "Goldne"
1.5 Mayrhofer (1818): "hellem"
1.6 Mayrhofer (1818): "Das Band, ein Fluß / Dann"
1.7 Mayrhofer (1818): "milder"
Zum Text
Mayrhofer war im Herbst 1816 mit Hermann, dem Sohn seines Juraprofessors Heinrich Josef Watteroth auf einer Wanderung nach Lilienfeld in Niederösterreich auch am Erlafsee (heute Erlauffsee) vorbeigekommen. Die Reise führte auch nach Lunz am See und zum Wallfahrtsort Mariazell. Vermutlich haben Sie auch viel über Schubert gesprochen. Das Gedicht Erlafsee D 586, sowie die Gedichte Lunz (Abschied) D 475 und besonders Geheimnis (An Franz Schubert) D 491 mögen unter diesem Eindruck entstanden sein. 2.1
Im Jahr 1818 erschien im 6. Jahrgang des Mahlerischen Taschenbuchs für Freunde interessanter Gegenden, Natur- und Kunst-Merkwürdigkeiten der Österreichischen Monarchie eine Beschreibung möglicherweise dieser Reise. Ebenso ein Kupferstich des Erlaphsees.
Der Herausgeber dieses Taschenbuches war Dr. Franz Sartori, Vorsteher des Zentral-Bücher-Revisions-Amtes und damit Mayrhofers Vorgesetzter. In dieser Veröffentlichung erschien auch als Beilage das erste jemals gedruckte Lied Franz Schuberts Erlafsee D 586. 2.2
Mayrhofer soll auch unglücklich verliebt gewesen sein in Mina (Wilhelmine Watteroth, die Tochter seines Professors Heinrich Josef Watteroth). 2.3 Diese heiratete jedoch später Josef Wilhelm Witteczek, der ebenfalls Jura bei Heinrich Josef Watteroth studiert hatte. 2.4
Johann Mayrhofer veröffentlichte seine Gedichte 1824 bei der eher kleinen Verlagsbuchhandlung Friedrich Volke in Wien. Diese Veröffentlichung ist als Digitalisat in der Österreichischen Nationalbibliothek online studierbar. Das Gedicht findet sich auf Seite 15. 2.5

Johann Mayrhofer