Liedtext
Andromache
Will sich Hektor ewig von mir wenden,
Wo Achill mit unnahbaren Händen
Dem Patroklus schrecklich Opfer bringt?
Wer wird künftig deinen Kleinen lehren
Speere werfen und die Götter ehren,
Wenn der finstre Orkus dich verschlingt?
Hektor
Teures Weib gebiete deinen Tränen,
Nach der Feldschlacht ist mein feurig Sehnen,
Diese Arme schützen Pergamos.
Kämpfend für den heil'gen Herd der Götter
Fall ich, und des Vaterlandes Retter
Steig' ich nieder zu dem styg'schen Fluß.
Andromache
Nimmer lausch' ich deiner Waffen Schalle,
Müßig liegt dein Eisen in der Halle,
Priams großer Heldenstamm verdirbt.
Du wirst hingeh'n wo kein Tag mehr scheinet,
Der Cocytus durch die Wüsten weinet,
Deine Lieb' im Lethe stirbt.
Hektor
All mein Sehnen will ich, all mein Denken,
In des Lethes stillen Strom versenken,
Aber meine Liebe nicht.
Horch! der Wilde tobt schon an den Mauern,
Gürte mir das Schwert um, laß das Trauern,
Hektors Liebe stirbt im Lethe nicht.
Andromache.
Will sich Hektor ewig von mir wenden,
Wo Achill mit den unnahbar'n Händen
Dem Patroklus schrecklich Opfer bringt?
Wer wird künftig deinen Kleinen lehren
Speere werfen und die Götter ehren,
Wenn der finstre Orkus dich verschlingt?
Hektor.
Theures Weib gebiete deinen Thränen,
Nach der Feldschlacht ist mein feurig Sehnen,
Diese Arme schützen Pergamus.
Kämpfend für den heil'gen Heerd der Götter
Fall ich, und des Vaterlandes Retter
Steig' ich nieder zu dem styg'schen Fluß.
Andromache.
Nimmer lausch' ich deiner Waffen Schalle,
Müßig liegt dein Eisen in der Halle,
Priams großer Heldenstamm verdirbt.
Du wirst hingeh'n wo kein Tag mehr scheinet,
Der Cocytus durch die Wüsten weinet,
Deine Liebe in dem Lethe stirbt.
Hektor.
All mein Sehnen will ich, all mein Denken,
In des Lethe stillen Strom versenken,
Aber meine Liebe nicht.
Horch! der Wilde tobt schon an den Mauern,
Gürte mir das Schwerdt um, laß das Trauern,
Hektors Liebe stirbt im Lethe nicht.
Urfassung aus Die Räuber von 1781
Willst dich, Hektor, ewig mir entreissen,
Wo des Anaciden mordend Eisen
Dem Patroklus schröklich Opfer bringt?
Wer wird künftig deinen Kleinen lehren
Speere werfen und die Götter ehren,
Wenn hinunter dich der Xanthus schlingt?
Theures Weib, geh, hol die Todeslanze,
Laß mich fort zum wilden Kriegestanze,
Meine Schultern tragen Ilium;
Ueber Astyanax unsre Götter!
Hektor fällt, ein Vater-Lands Erretter,
Und wir sehn uns wieder in Elysium.
Nimmer lausch ich deiner Waffen Schalle,
Einsam liegt dein Eisen in der Halle,
Priams grosser Heldenstamm verdirbt!
Du wirst hingehn, wo kein Tag mehr scheinet,
Der Cocytus durch die Wüsten weinet,
Deine Liebe in dem Lethe stirbt.
All mein Sehnen, all mein Denken
Soll der schwarze Lethefluß ertränken,
Aber meine Liebe nicht!
Horch! der Wilde raßt schon an den Mauren –
Gürte mir das Schwerd um, laß das Trauren,
Hektors Liebe stirbt im Lethe nicht!
Andromache.
Will sich Hektor ewig von mir wenden,
Wo Achill mit unnahbaren Händen
Dem Patroklus schreklich Opfer bringt?
Wer wird künftig deinen Kleinen lehren
Speere werfen und die Götter ehren,
Wenn der finstre Orkus dich verschlingt?
Hektor.
Theures Weib gebiethe deinen Thränen,
Nach der Feldschlacht ist mein feurig Sehnen,
Diese Arme schützen Pergamos.
Kämpfend für den heil'gen Herd der Götter
Fall ich, und des Vaterlandes Retter
Steig ich nieder zu dem stygschen Fluss.
Andromache.
Nimmer lausch' ich deiner Waffen Schalle,
Müßig liegt das Eisen in der Halle,
Priams großer Heldenstamm verdirbt.
Du wirst hingehn wo kein Tag mehr scheinet,
Der Cocytus durch die Wüsten weinet,
Deine Lieb' im Lethe stirbt.
Hektor.
All mein Sehnen will ich, all mein Denken
In des Lethe's stillen Strom versenken,
Aber meine Liebe nicht.
Horch, der Wilde tobt schon an den Mauern,
Gürte mir das Schwert um, lass das Trauern,
Hektors Liebe stirbt im Lethe nicht.
Nach dem Erstdruck
Zum Text
Hektors Abschied beschreibt eine Begebenheit aus dem Heldenepos Ilias von Homer, in der sich Hektor von seiner Frau Andromache zu seinem zu erwartenden letzten Kampf verabschiedet. Friedrich Schiller lässt in seinem Drama Die Räuber sein Gedicht zu dieser Begebenheit von Amalia von Edelreich in der 2. Szene des 2. Aktes singen.
Man kann den Erstdruck als Digitalisat der Koninklijke Bibliotheek - National Library of Netherlands bei Google-Books nachlesen.
Das Gedicht erschien 1800 in Gedichte von Friederich Schiller, Erster Theil, Leipzig, 1800, bey Siegfried Lebrecht Crusius. Es findet sich auf den Seiten 301-302.
Achill: Held der griechischen Mythologie -> Wikipedia
Patroklos: ein griechischer Kämpfer -> Wikipedia
Orkus: Unterwelt -> Wikipedia
Pergamos -> Wikipedia
Styg'scher Fluss -> Wikipedia
Priam: König von Troja -> Wikipedia
Cocytus: Seitenarm des Styx -> Wikipedia
Lethe: Strom der Unterwelt -> Wikipedia

Hektors Abschied von Andromache, Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, 1812