Liedtext
heutige Schreibweise
Der Jüngling
Die Sonne sinkt, o könnt' ich mit ihr scheiden!
Mit ihrem letzten Strahl entfliehen!
Ach diese namenlosen Qualen meiden
Und weit in schön're Welten zieh'n.
O komme, Tod, und löse diese Bande!
Ich lächle dir, o Knochenmann,
Entführe mich leicht in geträumte Lande,
O komm' und rühre mich doch an.
Der Tod
Es ruht sich kühl und sanft in meinem Armen,
Du rufst! Ich will mich deiner Qual erbarmen.
Zum Text
Die Thematik Jüngling und Tod taucht in der Kunstgeschichte bereits in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts immer wieder auf. So gibt es Gemälde und Druckgrafiken aus dieser Zeit, die uns auch heute noch erhalten sind.
Beispiele hierfür findet man auf den Seiten der Albertina-Sammlung. Hier und hier.
Da also ein Bildungskonsens über dieses Motiv in kunstinteressierten Schichten herrschte, darf man davon ausgehen, dass Joseph von Spaun ähnlich wie Matthias Claudius im Text Der Tod und das Mädchen D531 keinesfalls ein subjektives Erlebnis schildern wollte, sondern sein Gedicht der sogenannten Reflexionslyrik zuzuordnen ist.
1808 lernen Joseph von Spaun und der mehr als 8 Jahre jüngere Franz Schubert sich im Konvikt kennen. Beide pflegen eine lebenslange Freundschaft in der Spaun Schubert auch immer wieder finanziell unterstützt. Das hier vorliegende Gedicht ist leider als Manuskript nicht erhalten.

Lovis Corinth: Totentanz - Tod und Jüngling