Liedtext
Nimmer werd' ich, nimmer dein vergessen,
Kühle, grüne Dunkelheit,
Wo mein liebes Mädchen oft gesessen,
Und des Frühlings sich gefreut.
Schauer wird durch meine Nerven beben,
Werd' ich deine Blüten seh'n,
Und ihr Bildnis mir entgegenschweben,
Ihre Gottheit mich umweh'n.
Tränenvoll werd' ich beim Mondenlichte,
In der Geisterstunde Grau'n,
Dir entgegenzittern und Gesichte
Auf Gesichte werd' ich schau'n;
Mich in manchen Göttertraum verirren
Bis Entzückung mich durchbebt,
Und nach meinem süßen Täubchen girren,
Dessen Abschied vor mir schwebt.
Wenn ich auf der Bahn der Tugend wanke
Weltvergnügen mich bestrickt;
Dann durchglühe mich der Feu'rgedanke,
Was in dir ich einst erblickt.
Und, als strömt' aus Gottes offnem Himmel
Tugendkraft auf mich herab,
Werd' ich fliehen, und vom Erdgewimmel
Fernen meinen Pilgerstab.
Nimmer werd' ich, nimmer dein vergessen,
Kühle, grüne Dunkelheit,
Wo mein liebes Mädchen oft gesessen,
Und des Frühlings sich gefreut!
Schauer wird durch meine Nerven beben,
Werd' ich deine Blüthen sehn,
Und ihr Bildniß mir entgegen schweben,
Ihre Gottheit mich umwehn!
Thränenvoll werd' ich, beym Mondenlichte,
In der Geisterstunde Graun,
Dir entgegenzittern, und Gesichte
Auf Gesichte werd' ich schaun;
Mich in manchen Göttertraum verirren,
Bis Entzückung mich durchbebt,
Und nach meinem süßen Täubchen girren,
Dessen Abbild vor mir schwebt!
Wenn ich auf der Bahn der Tugend wanke,
Weltvergnügen mich bestrickt;
Dann durchglühe mich der Feurgedanke,
Was in dir ich einst erblickt!
Und, als strömt' aus Gottes offnem Himmel
Tugendkraft auf mich herab,
Werd' ich fliehen, und vom Erdgewimmel
Fernen meinen Pilgerstab!
Nimmer werd' ich, nimmer dich vergessen,
Kühle, grüne Dunkelheit,
Wo mein liebes Mädchen oft gesessen,
Und des Frühlings sich gefreut!
Schauer wird durch meine Nerven beben,
Werd' ich deine Blüthen sehn,
Und ihr Bildniss mir entgegen schweben,
Ihre Gottheit mich umwehn!
Thränenvoll werd' ich, beim Mondenlichte,
In der Geisterstunde Grauen,
Dir entgegen zittern, und Gesichte
Auf Gesichte werd' ich schaun;
Mich in manchen Göttertraum verirren,
Bis Entzückung mich durchbebt,
Und nach meinem süßen Täubchen girren,
Dessen Abschied vor mir schwebt!
Wenn ich auf der Bahn der Tugend wanke,
Weltvergnügen mich bestrickt;
Dann durchglühe mich der Feurgedanke,
Was in dir ich einst erblickt!
Und, als strömt' aus Gottes off'nen Himmel
Tugendkraft auf mich herab,
Werd' ich fliehen, und vom Erdgewimmel
Fernen meinen Pilgerstab!
Zum Text
Ludwig Christoph Heinrich Hölty muss ein ungeheuer wissbegieriger Mensch gewesen sein. Schon als kleiner Junge las er alles, was er in die Hände bekam. Man sagt, er sei ein sehr hübscher Junge gewesen. Jedoch wurde er von Blattern entstellt genau in der Woche, in der auch seine Mutter an Schwindsucht starb. Er selbst durfte kaum 28 Jahre alt werden, als auch ihn die Schwindsucht hinweg raffte. 2.1
Das vorliegende Gedicht schrieb Hölty 1773. Unter dem Titel Die Laube erschien es zuerst in Poetische Blumenlese auf das Jahr 1775, herausgegeben von Johann Christian Dieterich in Göttingen. S.143
Digitalisat des Erstdrucks auf Hathitrust.org
Weitere Veröffentlichungen:
Gedichte von Ludewig Heinrich Christoph Hölty. Besorgt durch seine Freunde Friederich Leopold Grafen zu Stolberg und Johann Heinrich Voß. Hamburg, bei Carl Ernst Bohn. 1783, S. 165