Liedtext
heutige Schreibweise
Ein Schäfer saß im Grünen,
Sein Liebchen süß im Arm;
Durch Buchenwipfel schienen
Der Sonne Strahlen warm.
[Er kos'te]1 froh und heiter
Von Liebeständeley.
Da ritt bewehrt ein Reiter
Den Glücklichen vorbey.
»Sitz' ab, und suche Kühle!«
Rief ihm der Schäfer zu.
»Des Mittags nahe Schwüle
Gebiethet stille Ruh'.
Noch lacht im Morgenglanze
So Strauch als Blume hier,
Und Liebchen pflückt zum Kranze
Die [frischen]2 Blüthen dir.«
Da sprach der finstre Reiter:
»Nie [hielt]3 mich Wald und Flur.
Mich treibt mein Schicksal weiter,
Und ach, mein ernster Schwur!
Ich gab mein [frisches]4 Leben
Dahin um schnöden Sold;
Glück kann ich nicht erstreben,
Nur höchstens Ruhm und Gold.
Drum schnell, mein Roß, und trabe
Vorbey, wo Blumen blüh'n.
Einst lohnt wohl Ruh' im Grabe
Des Kämpfenden Bemüh'n.«
1 Schubert: "Sie kosten"
2 Schubert: "schönsten"
3 Schubert: "hält"
4 Schubert: "junges"
Zum Text
Der 1777 in Brandenburg geborene Dichter Friedrich de la Motte Fouque gilt als einer der ersten Dichter der Romantik. 1816 erschien bei B. Ph. Bauer in Wien eine Sammlung mit Gedichten aus dem Jünglingsalter. Ein Digitalisat dieser Sammlung kann online recherchiert werden. Es steht auf Seite 77ff. unter dem Titel Schäfer und Reiter.5

Friedrich de la Motte Fouque ca. 1815