Komponist: Franz Schubert (1797-1828) Textdichter: Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

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Interpreten: Peter Schöne - Bariton / Boris Cepeda - Piano
Aufnahme: Montag, 15. Dezember 2008 - Berlin

Liedtext

heutige Schreibweise

Es ist doch meine [Nachbarin]1.1
Ein allerliebstes Mädchen!
Wie früh ich in der Werkstatt bin,
Blick' ich nach ihrem Lädchen.

Zu Ring' und Kette poch' ich dann
Die feinen goldnen [Drähtchen]1.2.
Ach denk' ich, wann, und wieder, wann,
Ist solch ein Ring für Käthchen?

Und tut sie erst die Schaltern auf,
Da kommt das ganze Städtchen
Und feilscht und wirbt mit hellem Hauf
Um's Allerlei im Lädchen.

Ich feile; wohl zerfeil' ich dann
Auch manches goldne [Drähtchen]1.2.
Der Meister brummt, der harte Mann!
Er merkt, es war das Lädchen.

Und flugs wie nur der Handel still,
Gleich greift sie nach dem Rädchen.
Ich weiß wohl, was sie spinnen will:
Es hofft das liebe Mädchen.

Das kleine Füßchen tritt und tritt:
Da denk' ich mir das Wädchen,
Das Strumpfband denk' ich auch wohl mit,
Ich schenkt's dem lieben Mädchen.

Und nach den Lippen führt der Schatz
Das allerfeinste Fädchen.
O wär ich doch an seinem Platz,
Wie küßt' ich mir das Mädchen!

1.1 Goethe (1816), Schubert: Nachbarinn
1.2 Goethe (1827): Dräthchen / Schubert: Drätchen

Zum Text

Das Gedicht steht in Goethe's Werken Band 1, gedruckt bei Anton Strauss, Wien 1816 auf Seite 37f. Ein Digitalisat ist auf den Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek online abrufbar.
Es findet sich ebenfalls in Goethe's Werke, Vollständige Ausgabe letzter Hand, Erster Band, Stuttgart und Tübingen, in der J.G.Cotta'schen Buchhandlung, 1827, S. 35f. Als Digitalisat ist es bei hathitrust.org abrufbar.

Textbild
Der Goldschmiedsgesell. Hermann Effenberger

Zur Musik

komponiert: Mai 1817

Veröffentlichung (angezeigt): 1850

Originaltonart: F-Dur

Liedform: Strophenlied

Besonderheiten:

Das Verhältnis zwischen Schubert und Goethe war ambivalent. Während Schubert den 47 Jahre älteren Meister verehrte, hat Letzterer ihn kaum beachtet. Obwohl Goethe einige von Schuberts vertonten Gedichte durch eine Sendung Joseph von Spauns erhielt, gelang es dem Jüngeren nicht, mit seinen Kompositionen bis zu Goethe durchzudringen. Zu fremd waren den Ohren des alten Meisters der Klassik die neuen Klänge. 3.1
1830, zwei Jahre nach Schuberts Tod, soll Goethe den Erlkönig, gesungen von Wilhelmine Schröder-Devrient gehört haben. Ob ihm tatsächlich die Komposition, oder das junge Mädchen gefallen hat, bleibt dahingestellt. 3.2

Schubert vertonte 62 Texte von Goethe, manche sogar mehrmals. Am Ende liegen uns heute fast 80 Kompositionen vor. Viele davon sind Lieder. Einige für mehrere Stimmen und Instrumente.

Schubert war 20 Jahr alt, als er dieses Lied schrieb.

Das Vorspiel stammt vermutlich nicht von Schubert, denn es steht nicht im Autograph (s.u.).

Zur Veröffentlichung

Zur Quellenlage (Manuskripte etc.) kann man sich im thematischen Verzeichnis von O.E.Deutsch informieren.

Ein Autograph befindet sich in der Bibliothèque nationale de France Paris. Das Digitalisat kann online studiert werden.

Die Erstveröffentlichung besorgte A. Diabelli et Comp. als Nachlass-Lieferung 48, VN 8837 4.1

 

Die Sterne D 684, von Schlegel. 
Erndtelied D 434, von Hölty. 
Trinklied D 888, von Shakespeare. 
Klage D 436, von Hölty. 
Mignon D 727, von Goethe.
Der Goldschmiedsgesell D 560, von Goethe. 
Tischlerlied D 274.

In Musik gesetzt für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte von Franz Schubert.

Noten

Alte Gesamtausgabe Serie XX, Bd. 03, Nr. 122

Neue Gesamtausgabe IV, Bd. 11

Friedländer Bd. VI » 066

Link zum Manuskript
schubertmanu

Erstdruck

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Originalversion des Liedes

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Quelle(n)

3.1 Gülke, Peter: Goethes »Versäumnisse«, in: Blog Klassik Stiftung Weimar, 08. September 2015

3.2 Windmeißer, Renate: Neue Chance für Schubert, in: BR Klassik, Was heute geschah, 24. April 2018

4.1 Österreichische Nationalbibliothek - Digitalisierte Sammlungen, A. Diabelli et Comp., Wien, Erstdruck Nachlass 48, Sig. SH.Schubert.584

Deutsch, Otto Erich. Franz Schubert: Thematisches Verzeichnis seiner Werke in chronologischer Folge, Bärenreiter 1967, S.324

Noten-Quelle auf imslp.org o.ä.: Der Goldschmiedsgesell.pdf

Textquelle und alternative Kompositionen: www.lieder.net

Geschrieben von: Peter Schöne