Komponist: Franz Schubert (1797-1828) Textdichter: Karl Gottfried Ritter von Leitner (1800-1890)

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Interpreten: Peter Schöne - Bariton / Boris Cepeda - Piano
Aufnahme: Donnerstag, 17. Juli 2008 - Berlin

Liedtext

heutige Schreibweise

Gar tröstlich kommt geronnen
Der Tränen heil'ger Quell,
Recht wie ein Heilungsbronnen,
So bitter, heiß und hell.
Darum du Brust voll Wunden,
Voll Gram und stiller Pein,
Und willst du bald gesunden,
So tauche da hinein.

Es wohnt in diesen Wellen
Geheime Wunderkraft,
Die ist für wehe Stellen
Ein linder Balsamsaft;
Die wächst mit deinen Schmerzen,
Und fasset, hebt und rollt
Den bösen Stein vom Herzen,
Der dich zerdrücken wollt'.

Das hab' ich selbst empfunden
Hier in dem Trauerland,
Wenn ich, vom Flor umwunden,
An lieben Gräbern stand.
Da schalt in irrem Wähnen
Ich selbst auf meinen Gott,
Es hielten nur die Tränen
Der Hoffnung Schiffchen flott.

Drum, hält dich auch umfangen
Der Schwermut trübste Nacht,
Vertrau' in allem Bangen
Der Tränen Zaubermacht.
Bald, wenn vom heißen Weinen
Dir rot das Auge glüht,
Wird neu der Tag erscheinen,
Weil schon der Morgen blüht.

Zum Text

Das Gedicht findet sich in dem von Leitner 1825 selbst veröffentlichten Gedichtband "Gedichte von Karl Gottfried Ritter von Leitner" auf Seite 76. Leitner und Schubert sind sich nie begegnet, wie Leitner selbst bezeugte.

Heinrich Kreissle von Hellborn schreibt in seinen biografischen Notizen zu Franz Schubert:

Auch der Dichter Gottfried Ritter von Leitner, der um das Jahr 1825 in die Familie eingeführt worden war, gehörte dem auserlesenen Kreise an, von welchem sich diese fortan umgeben sah, und jene von seinen Gedichten, welche Schubert in den Jahren 1827 und 1828 in Musik setzte, waren diesem von Frau Marie Pachler zur Composition empfohlen worden. 1

Allerdings schreibt Leitner selbst am 28. März 1858 an Ferdinand Luib:

Leider kann ich den in Ihrem verehrten Schreiben vom 17. d. M. ausgesprochenen Wünschen nicht in vollem Umfange entsprechen; denn mein Freund Dr. Faust Pachler hat sich in meinen Beziehungen zu Schubert geirrt, indem dieser während meiner zufälligen Abwesenheit von Graz hier auf Besuch war, und ich ihn überhaupt nie persönlich kennen lernte. 2

Und an Heinrich Schubert schreibt er am 24. Dezember 1881:

... Ich erlaube mir, in bezug auf mein Verhältnis zu Franz Schubert einen Irrtum zu berichtigen, der sich in einigen Biographien Ihres berühmten Verwandten eingeschlichen hat, und den Sie auch zu theilen scheinen. Ich habe nämlich leider nicht die Ehre genossen, ihn zu meinen persönlichen Bekannten zählen zu dürfen. Unsere küsntlerischen Beziehungen wurden immer nur durch andere vermittelt. ...
und weiter:
... aber Dr. Pachlers kunstsinnige Gemahlin, Marie Pachler, eine Virtuosin auf dem Pianoforte ... machte Schubert auf die im Sommer 1825 erschienene erste Auflage meiner Gedichte aufmerksam und verehrte ihm ein Exemplar dieses kleinen Bändchens. 3
Textbild
Leitner 1857

Zur Musik

komponiert: 1827

Veröffentlichung (angezeigt): 1828

Originaltonart: D-Dur

Liedform: Strophenlied

Besonderheiten:

Schubert vertonte 8 Gedichte von Leitner.

Zur Veröffentlichung

Zur Quellenlage (Manuskripte etc.) kann man sich im thematischen Verzeichnis von O.E.Deutsch informieren.

Das Autograph liegt in der Ungarischen Nationalbibliothek, Budapest.

Die Erstveröffentlichung besorgte das Lithographische Institut Wien im Frühjahr 1828, unter der Leitung von Franz von Schober: 4
Heimliches Lieben D 922
Das Weinen D 926
Vor meiner Wiege D 927
An Sylvia D 891
In Musik gesetzt für eine Singstimme mit Begleitung des Piano-Forte und der Wohlgebornen Frau Marie Pachler gewidmet von Franz Schubert. In späteren Auflagen wurde die Opuszahl 106 hinzugefügt.

Deckblatt op 106

Noten

Alte Gesamtausgabe Serie XX, Bd. 09, Nr. 546

Neue Gesamtausgabe IV, Bd. 05

Friedländer Bd. II » 199

Bärenreiter Urtext IV » 25

Erstdruck

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Originalversion des Liedes

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Quelle(n)

Youens, Susan: Schubert's Late Lieder: Beyond the Song-Cycles Cambridge University Press, 02.11.2006, 456 Seiten, S. 231

1 Kreissle von Hellborn, Heinrich: Franz Schubert, Erstdruck: Wien (Carl Gerolds Sohn) 1865.

2 Deutsch, Otto Erich: Schubert, Die Erinnerungen seiner Freunde, Breitkopf & Härtel, Leipzig, 1957, S. 78

3 Deutsch, Otto Erich: Schubert, Die Erinnerungen seiner Freunde, Breitkopf & Härtel, Leipzig, 1957, S. 167ff.

4 Österreichische Nationalbibliothek, Digitalisierte Sammlungen, Erstdruck op. 106, Sig: SH.Schubert.382 MUS MAG

Deutsch, Otto Erich. Franz Schubert: Thematisches Verzeichnis seiner Werke in chronologischer Folge, Bärenreiter 1967, S.592

Noten-Quelle auf imslp.org o.ä.: Das Weinen.pdf

Textquelle und alternative Kompositionen: www.lieder.net

Geschrieben von: Peter Schöne