Liedtext
heutige Schreibweise
Im kalten, rauhen Norden
Ist Kunde mir geworden
Von [einer]1 Sonnenstadt.
Wo weilt das Schiff, wo [winkt]2 der Pfad,
Die mich zu [ihren]3 Hallen tragen?
Von Menschen konnt' ich nichts erfragen, -
Im Zwiespalt waren sie [verloren]4.
Zur Blume, die sich Helios erkoren,
Die ewig in sein Antlitz blickt,
Wandt' ich mich nun, - und ward entzückt:
»Wende, so wie ich, zur Sonne
Deine [Blicke]5! Dort ist Wonne,
Dort ist Leben;
Treu ergeben,
Pilg're zu, und zweifle nicht;
Ruhe findest du im Licht;
Licht erzeuget alle Gluten, -
Hoffnungspflanzen, Thatenfluten!«
1 Schubert; Mayrhofer's Manuskript: "einer Stadt, der"
2 Schubert; Mayrhofer's Manuskript: "ist"
3 Schubert: "jenen"
4 Schubert; Mayrhofer's Manuskript: "verworren"
5 Schubert; Mayrhofer's Manuskript: "Augen"
Zum Text
Das Gedicht Aus Heliopolis wurde 1843 in einem von Ernst Freiherr v. Feuchtersleben in Wien beim Verlag Ignaz Klang herausgegebenen Gedichtband Mayrhofers (neue Fassung) veröffentlicht. Ein Digitalisat dieser Erstausgabe der Gedichte Mayrhofers findet sich in der Österreichischen Nationalbibliothek. Es kann online studiert werden. Das Gedicht findet sich auf Seite 195 und trägt eine "Widmung": 6
Heliopolis
An Franz v. Schober
Ein altes Thema, vorgetragen
In grauen Zeiten, lass uns variieren!
Wir dürfen, wenn wir auch Ikarisiren -
Uns öfters noch zur Sonne wagen!
1821.
Der Freundeskreis um Schubert kommunizierte offenbar über Gedichte miteinander. Schober veröffentlichte 1842 nach dem Tode Mayrhofers ein Sonett auf den Dichter. Es findet sich auf S. 195 des in der Cotta’schen Buchhandlung Tübingen erschienenen Gedichtbandes. Ein Digitalisat dieser Ausgabe ist auf den Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek online verfügbar.
"Ikarisiren" geht auf Ikarus zurück, der, nicht den Rat seines Vater befolgend, mit seinen Flügeln aus Wachs zu hoch zur Sonne aufsteigend, ins Meer stürzte und starb.
Auf der Seite lieder.net kann man nachlesen, dass Schubert die Gedichte Mayrhofer's üblicherweise als Handschrift erhielt. Der Zyklus Heliopolis, gewidmet an Franz von Schober, liegt als Manuskript in der Wienbibliothek am Rathaus.
Das Gedicht Im Hochgebirge, sowie die Vertonung desselben unter dem Titel Heliopolis II können hier ebenfalls angehört werden und sind meiner Meinung nach untrennbar inhaltlich miteinander verbunden.

Johann Mayrhofer